Krieg und Kunst
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Krieg und Kunst

Die Visualisierung englischer Herrschaftsansprüche in Frankreich (1422-1453)

  1. 414 Seiten
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Krieg und Kunst

Die Visualisierung englischer Herrschaftsansprüche in Frankreich (1422-1453)

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Die Zeit der englischen Besatzung Frankreichs in der letzten Phase des Hundertjährigen Krieges wurde bisher vor allem in Bezug auf politische und militärische Entwicklungen untersucht. Hiervon weitestgehend unabhängig wurde die Kunstproduktion der Zeit erforscht. In ihrer fachübergreifend zwischen politischer Kulturgeschichte und Kunstgeschichte angelegten Studie befasst sich Julia Crispin erstmalig mit der Nutzung von Kunst zur Visualisierung politischer Ansprüche durch die Repräsentanten der englischen Krone in Frankreich. Sie nimmt hierzu sowohl den Bestand erhaltener Kunstwerke, insbesondere illuminierter Handschriften, als auch die schriftliche Überlieferung zu bildlichen Inszenierungen politischer Vorstellungen im Rahmen politischer Zeremonien und Entrées in den Blick und erschließt eine Fülle von bisher unbeachtetem Quellenmaterial. Dabei fragt sie zum einen danach, welcher Motive und Traditionen man sich bediente und welche Botschaften man konkret zum Ausdruck brachte, und zum anderen, welches Publikum man jeweils erreichen wollte und tatsächlich erreichte. Ihre Arbeit leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der politischen Geschichte wie auch der Kunst- und Kulturgeschichte des Spätmittelalters.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783110576504
Auflage
1
Thema
History

1. Die Akteure: Politische Werdegänge und Kunstpatronage

Im Folgenden sollen die für vorliegende Untersuchung relevanten Akteure vorgestellt werden, also die Personen, die im Auftrag der englischen Krone in Frankreich tätig waren und dort Kunst in Auftrag gaben oder anderweitig in ihren Besitz brachten und zur Repräsentation politischer Ideen und Ansprüche nutzten. Dabei wird es weniger um umfassende Rekonstruktionen ihrer politischen Karrieren und militärischen Zuständigkeiten im Einzelnen gehen als um zielgerichtete Darstellungen der jeweiligen Werdegänge vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen im englisch besetzten Frankreich sowie der mäzenatischen Tätigkeit der betreffenden Personen.
Besondere Aufmerksamkeit wird der Veranlassung von beziehungsweise der Beteiligung an Maßnahmen zur Durchsetzung des herrschaftlichen Anspruchs Heinrichs VI. gewidmet, wobei neben militärischen Aktionen und diplomatischen Zuständigkeiten vor allem das Mitwirken an öffentlichen Inszenierungen von Bedeutung ist. Im Hinblick auf die Selbstdarstellung individueller Auftraggeber wird auf die politischen Positionen und höfischen, administrativen oder militärischen Ämter fokussiert, um deren Sichtbarmachung und öffentlichkeitswirksame Darstellung sich die jeweiligen Auftraggeber offenbar bemühten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den vielfältigen Beziehungen zwischen den hier untersuchten Akteuren, die durch die hierarchischen Verhältnisse in den militärischen und administrativen Strukturen in Lancastrian France ebenso geprägt wurden wie durch politische Allianzen, militärische Kooperationen oder familiäre und freundschaftliche Bindungen. Es ist zu fragen, inwiefern derartige Beziehungen jeweils zu einer Orientierung in Bezug auf durch Kunst(-handwerk) vermittelte Inhalte führten.
Im Anschluss an die Erörterung der jeweiligen politischen Werdegänge werden die religiösen Stiftungen und die mäzenatische Tätigkeit der relevanten Akteure untersucht, wobei es zunächst vor allem um architektonische und bildhauerische Werke sowie Textil- und Goldschmiedekunst gehen wird. Zwar haben sich weder die kostbaren Schenkungen an französische religiöse Institutionen noch die im Auftrag der Repräsentanten der englischen Krone in Frankreich errichteten Bild- und Bauwerke erhalten, anhand zeitgenössischer Schriftquellen lassen sie sich jedoch bis zu einem gewissen Grad rekonstruieren. Sie bieten Hinweise auf die gezielte Bezugnahme auf französische Kultstätten und Erinnerungsorte sowie die Verehrung spezifisch ‚französischer‘ Heiliger und damit implizit auf die Aneignung und Umnutzung französischer Traditionen im Zuge der Etablierung der englischen Herrschaft in Frankreich, zugleich aber auf die Beibehaltung und Förderung spezifisch ‚englischer‘ Traditionen.
Den Abschluss der Unterkapitel bildet jeweils eine Zusammenfassung der Handschriftenpatronage der Akteure, wobei sowohl Werke, die auf ihre Veranlassung angefertigt wurden, als auch solche, die aus zweiter Hand in ihren Besitz gelangten, zur Sprache kommen. Eine detaillierte Erörterung der Handschriften findet sich im Katalog im Anhang. In diesem werden nicht nur Handschriften aus dem Besitz der im vorliegenden Kapitel besprochenen, maßgeblich für die Durchsetzung der Regierung Heinrichs VI. verantwortlichen Machthaber berücksichtigt, sondern auch die Aufträge weniger hochrangiger Mitglieder der englischen Armee in Frankreich.

1.1. John of Lancaster, Herzog von Bedford und Regent von Frankreich

John of Lancaster, der Herzog von Bedford und dritte Sohn Heinrichs IV., spielte nicht nur für die politischen Geschicke der Engländer in Frankreich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine zentrale Rolle, sondern hebt sich auch als Auftraggeber und Nutzer von Kunst und Architektur in vielerlei Hinsicht gegenüber anderen englischen Mäzenen ab. Etwa ein Dutzend für Bedford oder seine Ehefrau Anne angefertigte oder adaptierte illuminierte Handschriften ist erhalten, ein wesentlich umfangreicherer Bestand als für jeden anderen englischen Auftraggeber in Frankreich im späten Mittelalter. Auch sind zahlreiche weitere, ehemals im Besitz des Herzogs befindliche Bücher zwar nicht erhalten, aber anhand zeitgenössischer Schriftquellen nachweisbar. Schenkt man den Aufzeichnungen des sogenannten Bourgeois de Paris Glauben, war der Herzog darüber hinaus der einzige Engländer, der als Bauherr in Lancastrian France tätig war.66 Daneben sind anhand von Inventaren und Rechnungen Aufträge für und der Besitz von Luxusgütern wie Textilien und Prunkgeschirr greifbar, und es liegt eine Reihe historiografischer Hinweise auf die Instrumentalisierung von Bildern in Zeremonien und militärischen Aufmärschen vor.
Dem verhältnismäßig großen Bestand erhaltener Kunstwerke und seiner politischen Bedeutung entsprechend war John of Bedford bereits vielfach Gegenstand der kulturhistorischen Forschung. Die mit Abstand umfassendste und für die vorliegende Arbeit überaus einschlägige Untersuchung ist die 1993 publizierte Edition der Bedford Inventories von Jenny Stratford. Der gründlichen, eine Fülle an zusätzlichem Quellenmaterial berücksichtigenden Auswertung dieser im Zusammenhang mit der Vollstreckung des Testaments Bedfords posthum entstandenen Inventarkompilationen ist eine ausführliche Einführung zu seiner Vita und seiner Tätigkeit als Auftraggeber und Sammler von Kunst vorangestellt.67
Bereits in den frühen 1930er Jahren beschäftigte sich Benedicta Rowe mehrfach mit Bedfords Maßnahmen zur Ausübung und Festigung der englischen Herrschaft in der Normandie und erarbeitete eine Fülle zeitgenössischer Dokumente zur englischen Verwaltung Frankreichs. Prägend für die nach wie vor prävalente Einschätzung der Regierung Bedfords als französische, insbesondere normannische Elemente eher adaptierend und für sich nutzend als unterdrückend ist etwa ein Aufsatz Rowes zu den normannischen Ständen unter Bedford. Rowes selbstauferlegtes Anliegen, das Bild der englischen Herrschaft in ein gegenüber älteren tendenziösen französischen Darstellungen positiveres Licht zu rücken, führt bisweilen jedoch zu einer Verzerrung in die entgegengesetzte Richtung.68 Die einzige ausführliche monografische Arbeit zum politischen und militärischen Werdegang des Herzogs stellt der ebenfalls bisweilen tendenziöse, auf die Persönlichkeit Bedfords und seiner Zeitgenossen fokussierende, 1963 erschienene Band von Ethel Carleton Williams dar.69
Abgesehen von den genannten Bedford Inventories existieren bislang keine übergreifenden Arbeiten zu Bedford mit kunsthistorischem Schwerpunkt. Allerdings sind eine Reihe gattungsspezifischer Studien zu nennen, die für die formulierten Fragen relevant sind. Auch hier ist an erster Stelle Jenny Stratford anzuführen, deren ebenfalls 1993 erschienene knappe Studie zur Patronage des Herzogs im englisch besetzten Rouen die bisher einzige Untersuchung zu seinen dortigen religiösen Stiftungen und architektonischen Aufträgen darstellt.70 Einige wenige Kunstwerke aus Bedfords Besitz wurden darüber hinaus monografisch behandelt. Die mit Abstand umfassendste stilkritische Bearbeitung erfuhren die heute in der British Library aufbewahrten sogenannten Bedford Hours, die für Bedford und seine Ehefrau in den 1420er Jahren in Paris erweitert wurden – eines der aufwendigsten Werke der spätmittelalterlichen Buchmalerei.71
Obgleich die wissenschaftliche Erarbeitung der Kunstpatronage des Herzogs von Bedford im Gegensatz zu anderen englischen Mäzenen des Spätmittelalters recht weit fortgeschritten ist, bestehen nach wie vor Forschungslücken. Dies trifft etwa auf die profanen Handschriften in Bedfords Besitz zu, von denen immerhin sechs im Original oder in zeitgenössischer Kopie erhalten sind.72 Was Aufwand und Qualität der Illuminationen angeht, stehen sie den liturgischen Büchern um einiges nach, sie geben jedoch Hinweise auf mögliche ‚wissenschaftliche‘73 Interessen des Herzogs sowie auf seine Repräsentation als gebildeter, die Ansammlung und Verbreitung von Wissen fördernder Herrscher – Aspekte, die zwar nicht im Fokus der vorliegenden Untersuchung stehen, jedoch im Rahmen seiner politischen Selbstdarstellung gestreift werden sollen.
Es ist bekannt, dass Bedford im Zuge seiner Machtübernahme die umfangreiche königliche französische Büchersammlung an sich brachte, ein Umstand, der in der Forschung zwar wiederholt angerissen wurde, dessen Implikationen bezüglich einer möglichen kunstpolitischen Programmatik des Herzogs jedoch bisher weitestgehend unbeachtet blieb. Die Nutzung der Bibliothek durch den Regenten im Ganzen stellt daher einen Schwerpunkt der vorliegenden Studie dar.
Einige bisher wenig beachtete Anhaltspunkte zur Bildpolitik des Herzogs finden sich in der zeitgenössische Historiografie, in welcher er wegen seiner bedeutenden politischen Position viel Raum einnimmt. Insbesondere die Schilderungen von Zeremonien und militärischen Aufmärschen durch die Geschichtsschreiber bieten eine Reihe von Hinweisen zur möglichen Nutzung von Kunst zur Visualisierung politischer Ansprüche der Lancaster-Dynastie wie auch zur Darstellung des Regenten selbst im politischen Geschehen. Auch sie sollen daher hier in den Blick genommen werden.

1.1.1. Vita und kulturelles Umfeld

John of Lancaster wurde am 20. Juni 1389 als dritter Sohn Henry Bolingbrokes, des späteren Heinrich IV., geboren.74 Wie seinen Geschwistern kam ihm eine vergleichsweise umfassende Bildung zu, er konnte Englisch und Französisch schreiben und lesen und lernte mit spätestens acht Jahren Latein.75 Bereits kurz nach der Machtübernahme seines Vaters im Jahr 1399 begann er Ländereien, Ämter und andere Einnahmequellen anzuhäufen. 1402 wurde er in den Hosenbandorden aufgenommen, und in den folgenden Jahren übernahm er erste militärische und diplomatische Aufgaben, die sich allerdings noch weitgehend auf den Norden Englands beschränkten.76
Der Regierungsantritt seines Bruders Heinrich V. im Jahr 1413 bedeutete einen Wendepunkt für John of Lancaster. 1414 erhob Heinrich ihn zum Herzog von Bedford und Grafen von Kendal, worauf weitere äußerst einträgliche Titel folgten. Während der englischen Invasion in die Normandie im Jahr 1415 fungierte Bedford als Statthalter des Königs in England, eine Tätigkeit, die er erneut während der militärischen Kampagnen Heinrichs in Frankreich von 1417 bis 1419 ausführte.77 Im August 1416 gewann er vor Harfleur eine für die englischen Geschicke bedeutsame Seeschlacht gegen eine französisch-genuesische Flotte.78
Zu längeren Aufenthalten Bedfords in Frankreich kam es ab dem Jahr 1420. So war er beim Abschluss des folgenreichen Vertrags von Troyes im Mai dieses Jahres zugegen und nahm in der Folge an verschiedenen militärischen Aktionen Heinrichs V. und seiner burgundischen Verbündeten auf dem Festland teil, etwa der erfolgreichen Belagerung von Melun, die den Engländern den Weg nach Paris öffnete. Bedford wirkte bei dem prunkvollen Einzug Heinrichs und Karls VI. in Paris mit und verbrachte Weihnachten...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Einleitung
  7. 1. Die Akteure: Politische Werdegänge und Kunstpatronage
  8. 2. „Roy de France à bon droit, et d’Angleterre ainsi comme on le voit.“ Kunst als Mittel zur Repräsentation der herrschaftlichen Ansprüche Heinrichs VI
  9. 3. Stellvertreter und ergebene Diener, Krieger und Berater. Die Selbstdarstellung englischer Auftraggeber in Frankreich
  10. Zusammenfassung
  11. Katalog der Handschriften
  12. Anhang
  13. Personenregister