Phänomen und Begriff der Metapher
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Phänomen und Begriff der Metapher

Vorschlag zur Systematisierung der Theoriegeschichte

  1. 415 Seiten
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Phänomen und Begriff der Metapher

Vorschlag zur Systematisierung der Theoriegeschichte

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Über dieses Buch

Die Studie verfolgt eine doppelte Zielsetzung: Sie erschließt das historische Feld der Metapherntheoriebildung durch die Etablierung eines neuen, an Diskurssträngen orientierten Ordnungsmusters. Im Zuge dessen analysiert sie detailliert 24 wegweisende Theorien. Gleichzeitig greift sie das gegenwärtig besonders produktive Theoriefeld der kognitiven Metapherntheorie als eigenständigen Diskursstrang auf und stellt die Verbindung zu historischen Diskursen her. Alle Theorien werden in Beziehung zueinander gesetzt und hinsichtlich ihrer Fruchtbarkeit für die Literaturwissenschaft diskutiert. Aus dieser Perspektive wird die Metapher als komplexes Phänomen erkennbar, dessen vielfältige Facetten von einzelnen Ansätzen in je unterschiedlicher Weise erfasst werden.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783110583014
Auflage
1

1Auftakt

1.1Zielsetzung und Prämissen

Die Metapher ist weder ein genuines Problem der Literaturwissenschaft, noch sind die Theorien zu ihrer Bestimmung und Beschreibung ausschließlich oder auch nur überwiegend literaturwissenschaftlicher Herkunft. Im Gegenteil kommen Theorien der Metapher schon seit der Antike aus verschiedenen Strömungen der Philosophie, aus Theologie, Rhetorik, Poetik, Linguistik, Semiotik, aber auch zunehmend aus Psychologie, Psycholinguistik und dem breiten Feld der sogenannten Kognitionswissenschaften. Viele dieser disziplinären Diskurse hat die heutige Literaturwissenschaft nichtsdestotrotz zumindest teilweise operationalisiert und anschlussfähig gefunden, manche erweisen sich jedoch als schwer kompatibel mit literaturwissenschaftlichen Fragestellungen. (Fast) keine dieser Theorien der Metapher ist dabei Theoriebildung rein um der Metapher willen. In der Regel treten die Theorien der Metapher im Zusammenhang größerer zum Beispiel sprachphilosophischer oder theologischer Überlegungen auf und sind entscheidend durch die jeweilige Theorie und deren zentralem Erkenntnisinteresse bedingt und geprägt. Daher beschränken sich Metapherntheorien in der Regel nicht auf die definitorische Frage nach dem Was der Metapher – dies wird meist in wenigen Sätzen und oft ohne besondere Originalität beantwortet –, sondern versuchen zum Beispiel mittels einer funktionalen Bestimmung der Metapher und ihrer Effekte eine spezifische Position in einem theoretischen Gesamtbild zu besetzen. Die Literaturwissenschaft ist mithin nur eine von vielen, im historischen Rückblick auch durchaus veränderlichen Disziplinen, die sich der Metapher widmet, und bringt eigene, spezifische Problemstellungen mit, für deren Beantwortung sie einer Theorie der Metapher bedarf. In erster Annäherung ließe sich die Problemstellung der Literaturwissenschaft hier im Kern als die der Identifikation und Beschreibung von Textphänomenen umreißen, auf deren Grundlage dann je nach konkreter Fragestellung weitere Verfahren anschließen. Oft genug bedient sich die Literaturwissenschaft dabei mehr oder weniger offen bei Theorien aus anderen Disziplinen, deren disziplin- und epochenspezifische Diskurse und Leitfragen sich in ihren jeweiligen Metapherntheorien niedergeschlagen haben und keineswegs immer in direktem Zusammenhang mit den jeweiligen Fragen der Literaturwissenschaft stehen. Als erstes Ziel dieser Arbeit kann an dieser Stelle die Darstellung und Relationierung von Metapherntheorien aus verschiedenen historischen Perioden und disziplinären Diskursen festgehalten werden. Eine kurze Diskussion von Aristotelesʼ Theorie der Metapher und den bereits dort retrospektiv als diskurs- beziehungsweise disziplinspezifisch identifizierbaren Ausführungen soll dazu gleichsam die Ouvertüre bilden, von der ausgehend anhand ausgewählter Autoren Theorien verschiedener Epochen und Diskurse bis hin zur zeitgenössischen Theoriebildung aufgegriffen werden. Die Verwendung von Theorien unterschiedlicher diskursiver Ursprünge für die Bearbeitung literaturwissenschaftlicher Fragestellungen hat zwar eine lange Tradition, scheint aber nichtsdestotrotz in der Regel mit mehr oder weniger kontroversen theoretischen Diskussionen und zum Teil erheblichen Adaptionen vorgefundener Theorien für die Literaturwissenschaft einherzugehen. Für die Mehrzahl der im Rahmen dieser Arbeit diskutierten Theorien lassen sich Adaptions- und Transformationsprozesse aufzeigen, die bereits vor Jahrhunderten eingesetzt haben und zum Teil noch anhalten. Prominentestes Beispiel ist hier mit Sicherheit Aristoteles, dessen metapherntheoretische Spur sich durch die antike Rhetorik verfolgen lässt, in deren Adaption sie sich durch das Mittelalter zieht, bevor mit der Frühen Neuzeit wiederum eine Aristoteles-Renaissance einsetzt – die trotz aller gegenteiligen Bemühungen keineswegs zum ‚Original‘ zurückkehrt, sondern eine weitere Variation der Metapherntheorie hervorbringt. Die anhaltenden Adaptions- und Austauschprozesse zwischen einzelnen metapherntheoretischen Diskurssträngen im Rahmen ihrer Relationierung sichtbar zu machen, ist meines Erachtens auch grundlegend für eine Einordnung und Bewertung zeitgenössischer Theoriebildung im Verhältnis zur Literaturwissenschaft. Vor dem Hintergrund der historischen Theoriebildung wird am Ende dieser Arbeit die zeitgenössische, vor allem im anglophonen Forschungsraum unter dem Sammelbegriff kognitive Metapherntheorie (cognitive theory of metaphor) erfolgreiche Strömung dahingehend diskutiert werden. Aufgrund ihres aktuell kontroversen Status wird ihrer differenzierten Darstellung und Diskussion ein besonderer Raum in dieser Arbeit zugestanden. Dabei steht die Frage im Raum, ob und inwieweit diese Theorien als einheitliche Gruppe zu verstehen sind und in welchem Maß sie sich als anschlussfähig an die Literaturwissenschaft erweisen beziehungsweise inwiefern sie einen Bruch zur bisherigen Theoriebildung darstellen.1 Im Lichte der zum Teil erheblichen Transformationen, die andere heute in der Literaturwissenschaft etablierte Theorien durchlaufen haben – so die These dieser Diskussion –, scheinen sich die mitunter heftigen Kontroversen um die potenzielle Fruchtbarkeit dieser Theorien jedoch zu relativieren. Wie im Fall der kognitiven Theorien die Operationalisierung für die Literaturwissenschaft erfolgen kann beziehungsweise inwiefern sich Anknüpfungspunkte für die weitere Theoriebildung ergeben, soll anhand der aufgearbeiteten Metapherntheorien exemplifiziert werden, um anschließend Schlussfolgerungen speziell über die zeitgenössische Metapherntheoriebildung für die literaturwissenschaftliche Arbeit ableiten zu können. Dies kann als zweites Kernziel dieser Arbeit festgehalten werden.
Die Erreichung dieses zweiten Ziels scheint jedoch die Beantwortung der Frage nach dem Gegenstand und der allgemeinen Forschungsfrage der Literaturwissenschaft vorauszusetzen, um vor diesem Hintergrund die Anschlussfähigkeit und Operationalisierbarkeit der verschiedenen Metapherntheorien ermessen zu können. Eine solche Definition kann jedoch im Rahmen dieser Untersuchung nicht erarbeitet werden und scheint zudem der (historischen) Realität des Faches unangemessen. Allenfalls ließen sich Momentaufnahmen zeitgenössischer Forschungsinteressen darlegen, ohne dass diese die Frageperspektiven, Bezugspunkte oder Methoden der Literaturwissenschaft abschließend festlegen würden. Als notwendige Grundlage für die Bearbeitung der Eingangsfragen wird in dieser Arbeit daher ein möglichst breites Verständnis der Literaturwissenschaft angesetzt. Einerseits umfasst dieses Verständnis eine traditionelle Literaturwissenschaft, in deren Fokus der Text im weitesten Sinne mit seinen intrinsischen Charakteristika, aber auch seinen vielfältigen externen Bezugspunkten wie Genretraditionen, Epoche, Autor, Rezipient etc. steht und die sich, schematisch gesprochen, vorwiegend der Analyse beziehungsweise Beschreibung des Textes und dessen Interpretation widmet.2 Für diesen Ansatz ist die Metapher entsprechend eines der Phänomene, die in erster Linie im Text zu identifizieren und gegebenenfalls zu interpretieren oder in Bezug zu textexternen Phänomenen zu setzen sind. Andererseits sollen kursorisch auch Tendenzen der Literaturwissenschaft aufgegriffen werden, die unter dem Label der empirischen Literaturwissenschaft3 in Deutschland seit den Siebzigerjahren bekannt sind, die den Fokus vom Text weg auf dessen (experimentell-)empirisch messbare Effekte auf Individuen und Gruppen legen. Nichtsdestotrotz ist auch diese literaturwissenschaftliche Strömung auf ein analytisches Instrumentarium zur Beschreibung von Texten angewiesen, da die empirische Erforschung von Texteffekten erst dann sinnvoll operationalisierbar ist, wenn Texte zu Gruppen mit gemeinsamen oder verschiedenen Charakteristika zusammengestellt werden können, auf deren Effekte hin im Anschluss getestet werden kann.
Von dieser provisorischen Skizze des Faches ausgehend lassen sich drei Kerninteressen mit Bezug zur Metapher festhalten: Erstens die Identifikation4 beziehungsweise analytische Beschreibung von Metaphern, auf die sowohl traditionelle als auch empirische Literaturwissenschaft grundlegend angewiesen sind. Darauf aufbauend zweitens die Interpretation metaphorischer Textelemente beziehungsweise drittens die ausführliche Beschreibung metaphorischer Textstrukturen im Fall der traditionellen Literaturwissenschaft sowie viertens die Beschreibung beziehungsweise Erfassung von Effekten metaphorischer Textelemente in empirisch orientierter Literaturwissenschaft. Diese vier Interessen lassen sich als operationalisierungsorientierte Interessen zusammenfassen, für die vorgefundene Theorien einen Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung mit Textphänomenen und deren Effekten bieten. Zentrale Fragen solcher Zugänge zu einer Metapherntheorie würden sich darauf richten, was durch sie in einem Text als Metapher sichtbar gemacht werden kann und welche Leitlinien die Theorie gegebenenfalls für die Interpretation der identifizierten Textelemente bietet oder welche Prognosen über deren Effekte sie nahelegt. Anschlussfragen können sein, inwiefern eine Theorie dem gängigen Fragenspektrum der Literaturwissenschaft potenziell neue Frageperspektiven hinzufügt, wie diese konkret lauten, mit welchen Verfahren sie beantwortet werden können und was ihre Beantwortung zur literaturwissenschaftlichen Diskussion über Texte und ihre Effekte beiträgt. Darüber hinaus bieten jede bestehende Theorie der Metapher und das in ihr vorgeschlagene Modell auch den Ansatz zur weiteren Theoriebildung und zur Weiterentwicklung des Modells. Ein solches metatheoretisches Interesse kann auch in der Literaturwissenschaft zunächst zumindest angenommen werden. Die basale Unterscheidung der literaturwissenschaftlichen Interessen in eine eher operationalisierungsorientierte Perspektive, die eine gewählte Theorie als Orientierungsmodell für die Auseinandersetzung mit Texten einsetzt, und eine Theoriebildungsperspektive, die vorgefundene Modelle einer kritischen Prüfung, Adaption und Weiterentwicklung unterzieht, um eine präzisere oder umfassendere Beschreibung des Phänomens zu ermöglichen, soll die Grundlage für die folgenden Diskussionen der Fruchtbarkeit einzelner Metapherntheorien für die Literaturwissenschaft sein. Operationalisierbarkeit und Anschlussfähigkeit der zahlreichen Theorien werden entsprechend in zwei Dimensionen untersucht werden: einmal hinsichtlich der Operationalisierbarkeit einzelner Theorien für die oben umrissenen Kerninteressen der Literaturwissenschaft. Andererseits wird die Frage zu diskutieren sein, welche Perspektiven sich aus einzelnen Theorien für eine Literaturwissenschaft ergeben, die sich über die Operationalisierung hinaus an der Theoriebildung beteiligen möchte, um die zeitgenössische Diskussion um den reichen Fundus ihrer Kenntnisse der theoretischen Traditionen und ihrer kritischen Expertise zu bereichern. Eine derartig interessierte Literaturwissenschaft müsste sich der Frage widmen, was aus der Theorienvielfalt und mit Blick auf die historische Entwicklung für die weitere Theoriebildung folgt. Die bisherige Theorielandschaft, so die zentrale These für die metatheoretische Fragestellung, gibt keinen Anlass zu der Annahme, dass sich einzelne Hypothesen und Theorien über die Metapher schlicht als ‚falsch‘ erweisen könnten oder sich auf lange Sicht eine ‚richtige‘ Theorie durchsetzen würde. Die epistemologischen Parameter zur Bestimmung des Phänomens Metapher erweisen sich über die Zeit als so veränderlich, dass man in einem direkten Theorienvergleich Wahrheitsanspruch gegen Wahrheitsanspruch stellen müsste, ohne dabei dem Fallstrick der eigenen historischen Verortung entgehen zu können. Allerdings kann die Identifizierung einer wahren Theorie der Metapher auch nicht das Hauptanliegen der Literaturwissenschaft sein und ist mit Sicherheit nicht das Anliegen dieser Arbeit. Vielmehr scheint die Herausforderung in der Fruchtbarmachung einzelner Theorien für verschiedene Fragestellungen und in der Koordination einer theoretischen und methodischen Vielfalt zu bestehen. Der historische Durchgang durch die Theorien und die in ihm nachgezeichneten Anknüpfungspunkte und Bruchlinien zwischen den einzelnen Ansätzen dient in diesem Zusammenhang als Grundlage für die weitere Diskussion einer solchen Koordinierung. Nicht Ziel der Arbeit sind dagegen die Entwicklung einer eigenen Theorie der Metapher oder eine Synthese der bisherigen Theorien unter einem bestimmten Gesichtspunkt.5

1.2Vorgehen

Da die Metapher als Phänomen aus wechselnden historischen und disziplinären Perspektiven begreifbar gemacht werden soll, verbietet sich an dieser Stelle ein rein systematisches Vorgehen, das zum Beispiel existierende Metapherndefinitionen auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede befragt, um einen Minimalbegriff der Metapher zu ermitteln.6 Stattdessen sollen die historischen, epistemologischen und diskursiven Indizes, die sich meiner Eingangsannahme zufolge in die jeweiligen Metapherntheorien eintragen, sichtbar gemacht und nicht als reine Akzidenzien behandelt werden. Daher gilt es zunächst, für die jeweiligen Metapherntheorien einen historischen und theoretischen Rahmen zu skizzieren. Erst vor dem Hintergrund dieses Rahmens, das wird zu zeigen sein, werden fundamentale Verschiebungen auch bei scheinbaren Konstanten (zum Beispiel Sprache, Bezeichnung, Namen, aber auch Denken, Wahrnehmung oder Gegenstände) erkennbar. Was es bedeutet, wenn die Metapher beispielsweise als ‚Übertragung eines Namens von einer Sache auf eine andere‘ bestimmt wird, lässt sich aus der hier eingenommenen Perspektive erst dann wirklich ermessen, wenn sich erahnen lässt, welche grundsätzlichen Annahmen über das Verhältnis von Sachen zu Namen zugrunde liegen – schon die Antike führt über diesen Zusammenhang heftige Kontroversen – und welche Instanz überhaupt die Übertragung leistet – ein genialer Rhetor, eine göttliche Setzung oder das Sprachsystem selbst? Entsprechend wird ein erheblicher Teil dieser Arbeit sich damit beschäftigen, den spezifischen Ausgangspunkt der einzelnen Autoren für ihre Auseinandersetzung mit der Metapher zu skizzieren und die jeweiligen Theorien mit ihren Charakteristika darzustellen und zu erläutern.
Darauf aufbauend erfolgt die Relationierung der Theorien zueinander, durch das Nachzeichnen von Fragekomplexen oder thematischen Clustern, die auch durch die historischen Verschiebungen hindurch wiederkehren. Seinen offensichtlichsten Niederschlag findet dieses Verfahren der Relationierung der Theorien in ihrer Darstellung entlang von Leitfragen in der Gliederung der Arbeit. Unter sieben thematischen Überschriften finden sich Autoren unterschiedlichster Epochen zusammengestellt nach einer verbindenden Leitfrage. Als solche Fragekomplexe kann man zum Beispiel die nach der spezifischen Erkenntnisleistung der Metapher, ihrem rhetorischen Effekt oder ihrer kognitiven Grundlage identifizieren. Die verbindenden Leitfragen der einzelnen Komplexe sind dabei keineswegs gleichbedeutend mit einem identischen epistemischen Rahmen oder einem gemeinsamen Forschungsprogramm der Autoren. Im Gegenteil erlaubt die Clusterbildung nach Leitfragen, historische Differenzen besonders deutlich herauszuarbeiten: Auch wenn sowohl Aristoteles als auch Max Black die spezifische Rolle der Metapher im Erkenntnisprozess entlang der analytischen Leitunterscheidung wahr/falsch diskutieren, so liegen beiden Argumentationen doch grundlegend unterschiedliche epistemologische Prämissen zugrunde. Die Prämissen, so ließe sich abstrahieren, sind also bei verschiedenen Autoren klar unterschieden, ungeachtet der konkreten Ergebnisse und Aussagen über die Metapher, zu denen die beiden Autoren gelangen. Mithilfe der Fragecluster können solche historischen Kontinuitäten und Brüche sowohl auf Ebene der allgemeinen (sprach-)philosophischen und epistemologischen Prämissen als auch auf Ebene der metapherntheoretischen Schlussfolgerungen sichtbar gemacht werden. Neben den historischen sollen aber auch diskursive Differenzen und Überschneidungen aufgezeigt werden, die einzelne Theorien zum Teil unabhängig von ihrem historischen Kontext durch eine disziplinär bestimmte Perspektive verbinden beziehungsweise trennen.
Zwei Prämissen sind grundlegend, um die Bildung solcher thematischen Cluster überhaupt als legitimes Verfahren einer metatheoretischen Arbeit zu betrachten: Erstens die Annahme, dass alle theoretischen Entwürfe in Abhängigkeit von einem spezifischen geistesgeschichtlichen Kontext entstehen und mit ihrer Rekontextualisierung im Laufe der Rezeption Veränderungen unterliegen; zweitens, dass diese Veränderungen nicht nur entlang einer linearen Chronologie zu beobachten sind, sondern sowohl innerhalb einzelner diskursiver Sphären als auch parallel beobachtet werden können.
Die Festlegung auf einzelne Leitfragen als Gliederungselemente der Arbeit ist zum einen grundsätzlich durch Bedingungen der Darstellbarkeit begründet: Irgendeine Entscheidung für Struktur und Abfolge muss getroffen werden.7 Zum anderen orientiert sich die Auswahl der...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. 1 Auftakt
  6. 2 Ouvertüre: Aristoteles (384–322 v. Chr.)
  7. 3 Metapher und Wahrheit
  8. 4 Metapher und Rede
  9. 5 Metapher und Schrift
  10. 6 Metapher und Zeichen
  11. 7 Metapher und Sprache
  12. 8 Metapher und Phänomen
  13. 9 Metapher und Kognition
  14. 10 Fine
  15. Literaturverzeichnis
  16. Register