"Sie ist nicht im Himmel" (Dtn 30,12)
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"Sie ist nicht im Himmel" (Dtn 30,12)

Der menschliche Umgang mit der göttlichen Tora im jüdischen Schrifttum

  1. 36 Seiten
  2. German
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"Sie ist nicht im Himmel" (Dtn 30,12)

Der menschliche Umgang mit der göttlichen Tora im jüdischen Schrifttum

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Über dieses Buch

Die jüdische Hermeneutik der Tora wird in dieser Studie mittels der Exegese Benno Jacobs und im Vergleich zur literarkritischen Schule Julius Wellhausens beleuchtet. Beispielhaft wird dies anhand von drei Themenblöcken dargestellt: der Kult als Symbolsprache; die Tora als das "wahre praktische Evangelium"; das Studium der Tora als Offenbarung. Im geoffenbarten Gesetz der Tora sah Jacob die "magna charta für Menschenwürde und Völkerglück". Im jüdischen Schrittum wird dieses Gesetz sehr kreativ und theologisch innovativ ausgelegt. Diese Darstellung der jüdischen Hermeneutik richtet sich sowohl an Alttestamentler als auch an Theologen, die am christlich-jüdischen Dialog interessiert sind.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783110651102

„Sie ist nicht im Himmel“ (Dtn 30,12) Der menschliche Umgang mit der göttlichen Tora im jüdischen Schrifttum

Shimon Gesundheit
Hebrew University Jerusalem

1. Einführung

Benno Jacob und Julius Wellhausen lebten eine Zeit lang in direkter Nachbarschaft nebeneinander und doch trennten sie Welten. 1891 wurde Benno Jacob als Rabbiner nach Göttingen berufen, wo er bis zu seinem Weggang nach Dortmund 1906 insgesamt 15 Jahre lebte und forschte. Julius Wellhausen nahm 1892 nach dem Tod von Paul de Lagarde den Ruf auf den Göttinger Lehrstuhl für orientalische Sprachen an. In den 14 Jahren, in denen Benno Jacob und Julius Wellhausen gleichzeitig am selben Ort lebten, war die Universitätsstadt „Göttingen – anders als heute – ein ‚Dorf‘. Man lief sich leicht über den Weg und die Küche der Gerüchte dampfte schnell. Aber das gesellschaftliche Leben verlief stark segmentiert“1. Rabbiner Max Eschelbacher, der 1913 Nachfolger Leo Baecks in der jüdischen Gemeinde Düsseldorfs wurde und Benno Jacob vermutlich erst in dieser Zeit, als dieser Rabbiner in Dortmund war, kennenlernte,2 berichtet von einem direkten Kontakt beider miteinander: „Er [Benno Jacob – S.G.] war ja viele Jahre Rabbiner in Göttingen, einem Zentrum der modernen Bibelwissenschaft, im Besonderen der modernen Phase der Pentateuchkritik. Er stand in persönlicher Beziehung zu ihrem Meister, Julius Wellhausen. Dass dieser Ideen, die Jacob ihm vorgetragen hat, als ‚ingeniös‘ bezeichnete, hat ihm wohlgetan und sein Vertrauen in seine Forschung nicht wenig gestärkt.“3 Benno Jacob würdigt Julius Wellhausen zwar als maßgebende Größe der kritischen Bibelwissenschaft, stand dieser aber mehr als kritisch gegenüber und hinterfragte ihre Ergebnisse.4
Benno Jacobs Forschungen und Kommentare, die von Martin Buber und anderen als „Meisterleistung“5 gewürdigt wurden, stellten einen ersten grundlegenden Versuch dar, der diachron, literarkritisch ausgerichteten modernen Exegese des Alten Testaments ein ernstzunehmendes Gegengewicht entgegenzusetzen. Das Studium des Midrasch hat sein Augenmerk für intertextuelle Querbezüge und literarische Anspielungen sensibilisiert. Die verschiedenen Ansätze der antiken und mittelalterlichen jüdischen Hermeneutik für eine moderne, – mit den Worten Franz Rosenzweigs – „neualte“6 Bibelexegese fruchtbar zu machen, war Benno Jacobs wegweisende Pionierleistung. Er hat in seinem exegetischen Werk das „close reading“ biblischer Texte in ihrer Endgestalt entdeckt und mit seiner werkimmanenten Interpretation ging er auch dem Zeitgeist der allgemeinen Literaturwissenschaft weit voraus. 7
Die Auseinandersetzung mit der literarkritischen Erforschung der Bibel war in den Augen Benno Jacobs „gegenwärtig die eigentliche Lebensfrage für das Judentum“8. Seine Polemik und seine Apologetik gegenüber der literarkritischen Exegese der Bibel sind vor ihrem geschichtlichen Hintergrund zu betrachten. Als Erwiderung auf eine 1939 erschienene englischsprachige Rezension seines Genesis-Kommentars, in der Teile seiner Auslegungen als „sheer apologetics“ 9 beschrieben wurden, schrieb Benno Jacob:
Has anybody considered what share in the immense suffering brought recently on mankind and on the Jewish people in particular has to be accredited to the modern German-Protestant science of the Old Testament? It sounds paradoxical, yet the connection can be shown in a few lines. It is certain that Hitler came into power only by his anti-Semitism. In order to arouse fanatical hatred against the Jews and to prepare spiritually for the brutal atrocities against them many inhibitions had first to be eliminated from the hearts of the German people [...]. What had been believed of the Jews in former times had been a ‘great deception‘ [Anspielung auf Friedrich Delitzsch, Die grosse Täuschung, Berlin 1920 – S.G.]. The Jews did not deserve esteem but unlimited contempt and bottomless hatred. Their patriarchs had been deceivers and villains, their God a tribal idol, their religion a dissolute and low superstition, the nation entering Canaan a gang of robbers, and Jesus not a Jew at all, but an Aryan. […] Then Hitler came and made his henchmen draw the practical consequences. […] In commenting on the first book of the Jewish and Christian Holy Scriptures, I had to deal with this satisfactorily; I have already dared to pronounce this in the preface (published in Germany on the 13th Dec. 1933!). These are my apologetics.10
Als Benno Jacob diese Zeilen schrieb, war er bereits nach London ins Exil geflüchtet, wo er – enttäuscht über sein deutsches Heimatland – 1945 starb.11
Benno Jacob verstand sich in erster Linie als Exeget – und nicht als Theologe oder gar Historiker. Sein wissenschaftliches Schaffen konzentrierte sich auf die Auslegung und Interpretation der Bibel, gemäß seinem Diktum: „[D]ie Exegese hat das erste Wort.“12 Aber er beschäftigte sich in seinen Exegesen auf der Suche nach der Botschaft der Bibel auch mit allgemeineren theologischen Themen. Auch hier stand er meist im Widerspruch zu Julius Wellhausen und anderen Vertretern der protestantischen Wissenschaft des Alten Testaments. Beispielhaft soll dies im Folgenden anhand von drei Themenblöcken verdeutlicht werden: der Kult als Symbolsprache; die Tora als das „wahre praktische Evangelium“; das Studium der Tora als Offenbarung.

2. Der Kult als Symbolsprache

Im Buch Exodus findet sich eine ausführliche Beschreibung des portablen Heiligtums in der Wüste (Ex 25–31; 35-40). Nach einem intensiven Studium und einer über 200 Seiten umfassenden sehr detaillierten Abhandlung über den Aufbau des Heiligtums schreibt Benno Jacob über dessen Geschichtlichkeit in seinem in Göttingen entstandenen Buch „Der Pentateuch. Exegetisch-kritische Studien“:
Seine Absicht [des Verfassers – S.G.] ging […] dahin, […] gewisse religiöse Gedanken auf den feinsten, klarsten und knappsten Ausdruck zu bringen. Seine Darstellung ist eine konsequente Idealisierung und Systematisierung des Kultus, nicht eine geschichtlich treue Beschreibung. Er ist ein Theologe, nicht ein Historiker. […] Die Stiftshütte ist eine systematische, aber freilich eben deswegen ganz unhistorische Bearbeitung alter Kultuseinrichtungen […]. Das Heiligtum hat also in solcher Gestalt nicht existiert. Und das ist sei...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einführung
  6. „Sie ist nicht im Himmel“ (Dtn 30,12) Der menschliche Umgang mit der göttlichen Tora im jüdischen Schrifttum