1 EinfĂŒhrung und historischer Ăberblick
Sichtbares Licht: λ â 390 nm â 780 nm
Das wichtigste Wahrnehmungsorgan des Menschen ist das Auge. Es erlaubt ihm, die Umgebung zu sehen. Dieser Sehvorgang und die Eigenschaften des beteiligten Lichtes haben seit dem Altertum die Neugierde der Menschen erregt. Die Optik, die Lehre vom Licht, wurde aus dieser Neugierde heraus entwickelt. Von unserer Kenntnis der Elektrodynamik wissen wir heute, dass Licht eine elektromagnetische Welle ist. Dabei besitzt das fĂŒr den Menschen sichtbare Licht Frequenzen in einem schmalen Spektralbereich, der gerade eine Oktave umfasst: Das fĂŒr das Auge sichtbare Licht erstreckt sich vom tief Dunkelroten bei einer Frequenz Îœ von etwa 385 THz ĂŒber das Rote, Gelbe, GrĂŒne, Blaue bis hin zum Violetten bei Îœ = 770 THz (siehe Bild 1.1). In der Praxis ist jedoch die Optik nicht auf den Bereich des sichtbaren Lichtes eingeschrĂ€nkt. Die GesetzmĂ€Ăigkeiten der Optik sind bei höheren Frequenzen bis weit in den Röntgenbereich anwendbar (Îœ â 1019 Hz), solange man die Quanten- oder Korpuskeleigenschaften des Lichtes vernachlĂ€ssigen kann. Bei niedrigen Frequenzen erstreckt sich eine sinnvolle Anwendung bis in den Radiofrequenzbereich.
Bild 1.1: Das Spektrum elektromagnetischer Wellen
Prinzip des kĂŒrzesten Weges
In der Geschichte der Naturwissenschaften spielte die Lehre vom Licht eine zweifache Rolle: Die Optik war zum einen eine Wegbereiterin neuer Vorstellungen, die auf dem Gebiet der Optik erarbeitet wurden; zum anderen stellte sie wichtige Hilfsmittel fĂŒr die Entwicklungen anderer Gebiete der Naturwissenschaften zur VerfĂŒgung. Bereits sehr frĂŒh wurden in der Antike einfache optische GerĂ€te wie Brennglas, Lupe und Hohlspiegel eingesetzt. Wichtige Gesetze der geometrischen Optik wie die geradlinige Ausbreitung von Licht in homogenen Medien und das Reflexionsgesetz waren bekannt. Ebenso wurden Messungen zur Brechung durchgefĂŒhrt. Im 1. Jahrhundert v. Chr. stellte Heron von Alexandria fĂŒr die Lichtausbreitung ein Prinzip des kĂŒrzesten Weges auf. Im Mittelalter wurde die Optik hauptsĂ€chlich in der arabischen Welt weiterentwickelt. Um das Jahr 1000 prĂ€sentierte Alhazen wichtige Erkenntnisse zur Reflexion und ĂŒber die Abbildung im Auge. Ab dem 13. Jahrhundert wurden dann Linsen zur Korrektur von Sehfehlern auch im Abendland eingesetzt.
17. Jahrhundert: alle wesentlichen Gesetze der klassischen Optik werden bekannt
Die wichtigsten Prinzipien und Instrumente der geometrischen Optik und die darauf basierenden Instrumente wurden im 17. Jahrhundert entwickelt und fĂŒhrten zu einer Revolution des damaligen Weltbildes: 1608 wurde von H. Lippershey (1587 â 1619) das erste Fernrohr zum Patent angemeldet, das dann von G. Galilei (1564 â 1642) und J. Kepler (1571 â 1630) weiterentwickelt und zur Beobachtung der Sterne eingesetzt wurde. Zur selben Zeit erfand Z. Janssen (1588 â 1632) das erste Mikroskop. Kepler entdeckte die Totalreflexion und die NĂ€herung des Brechungsgesetzes fĂŒr kleine Einfallswinkel. 1621 fand W. Snell (1591 â 1626) das Snelliussche Brechungsgesetz, das dann von R. Descartes (1596 â 1650) in der heute gebrĂ€uchlichen Form formuliert wurde. Die Beugung von Licht wurde von F.M. Grimaldi (1618 â 1663), erste Interferenzerscheinungen von R. Boyle (1626 â 1691) und R. Hooke (1635 â 1703) beobachtet. Die spektrale Zerlegung des weiĂen Lichtes entdeckte I. Newton (1642 â 1727); O. Römer (1644 â 1710) fĂŒhrte die erste erfolgreiche Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit durch und C. Huygens (1629 â 1695) entdeckte bei der ErklĂ€rung der Doppelbrechung die Polarisation des Lichtes. Die Natur des Lichtes wurde zu dieser Zeit durch zwei sich offensichtlich ausschlieĂende Theorien beschrieben: Von Huygens wurde die Undulationstheorie entwickelt, bei der Licht als eine sich wellenförmig ausbreitende Erregung aufgefasst wurde. Die Emissionstheorie, bei der Licht als ein Strom von Korpuskeln beschrieben wird, wurde von Newton ausgebaut und aufgrund der AutoritĂ€t Newtons allgemein akzeptiert.
19. Jahrhundert: Licht ist ein WellenphÀnomen
Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts setzte sich die Wellentheorie der klassischen Optik endgĂŒltig durch. Entscheidend dafĂŒr waren die Beobachtung der polarisationsabhĂ€ngigen ReflektivitĂ€t durch E.L. Malus (1775 â 1812), die Entdeckung des Interferenzprinzips und der TransversalitĂ€t des Lichtes durch T. Young (1773 â 1829) sowie die zusammenfassende Behandlung von Lichtpropagation, Interferenz und Beugung durch A.J. Fresnel (1788 â 1827). Die endgĂŒltige BestĂ€tigung der Wellentheorie erreichte J.C. Maxwell (1831 â 1879) als er Licht mit den Wellenlösungen der Maxwell-Gleichungen identifizierte. Der erste experimentelle Nachweis dieser elektromagnetischen Wellen gelang dann H. Hertz (1857 â 1894). Am Ende des 19. Jahrhunderts waren sĂ€mtliche Probleme der Propagation von Licht geklĂ€rt. Gleichzeitig traten jedoch die Grenzen der elektromagnetischen Beschreibung des Lichtes bei der Erzeugung und Absorption von Licht in den Vordergrund: Zur ErklĂ€rung der Emission eines schwarzen Strahlers musste M. Planck (1858 â 1947) einfĂŒhren, dass die Energieabgabe eines schwingenden Systems an das Lichtfeld diskontinuierlich in Form von Quanten erfolgt. Bei der ErklĂ€rung des Photoeffektes nahm dann A. Einstein (1879 â 1955) an, dass diese Lichtquanten oder Photonen real existieren. Paradoxerweise verhĂ€lt sich also Licht bei der Propagation wie eine Welle, bei der Emission oder Absorption jedoch wie ein Strom von Korpuskeln. Eine einheitliche Beschreibung von Licht war somit durch eine klassische Modellvorstellung â Licht als Welle oder Licht als Teilchen â nicht möglich. Es dauerte noch Jahrzehnte bis diese Erkenntnis voll in das Bewusstsein der Physiker drang. Der offensichtliche Widerspruch, dass die klassischen Anschauungen, die in der makroskopischen tĂ€glichen Umgebung gewonnen worden waren, nicht auf die Physik der mikroskopischen Welt anwendbar waren, schien nicht auflösbar. Erst mit der Entwicklung der Quantenphysik durch N. Bohr (1858 â 1947), A. Sommerfeld (1868 â 1951), W. Heisenberg (1901 â 1976), E. Schrödinger (1887 â 1961) und M. Born (1882 â 1970) und der allgemeinen Akzeptanz dieser unkonventionellen Naturbeschreibung kann die gleichzeitige Anwendung von Wellen- und Teilchenbild nicht mehr als Paradoxon verstanden werden. Dies war erst dann möglich geworden, als man akzeptierte, dass Quantenteilchen (Photonen, Elektronen, Atome ...) weder als klassische Teilchen noch als klassische Wellen beschreibbar sind, sondern beide Eigenschaften in sich vereinen.
Das neue Weltbild der Physik
1960: Laser
AlltÀgliche Optik: CD, DVD und Glasfaserkommunikation
In den letzten 50 Jahren, initiiert durch die Erfindung des Lasers im Jahr 1960, haben optische Messmethoden in den verschiedensten Gebieten der Physik groĂe Bedeutung erlangt. Mit Hilfe von Lasern als intensive, maĂgeschneiderte Lichtquellen sind konventionelle optische Verfahren entscheidend verbessert und neue Messprinzipien entwickelt worden. So ist z.B. optische Spektroskopie mit höchster Frequenzauflösung von besser als 1 Hz ebenso möglich geworden wie die direkte Beobachtung schnellster molekularer VorgĂ€nge auf der Zeitskala von 10â15 s. Laserspektroskopie erlaubt es, das Eindringen von einzelnen Viren in Zellen zu filmen oder den Weg eines MolekĂŒls in einer Nanomaschine zu verfolgen. Ebenso können modernste optische Hilfsmittel nicht mehr aus dem tĂ€glichen Leben weggedacht werden. Dazu gehört die Informationsspeicherung auf CD und DVD oder die Ăbertragung gigantischer Informationsmengen ĂŒber kontinentale Entfernungen mit Hilfe der Glasfasertechnik.
2 Licht als elektromagnetische Welle
Dieses Kapitel behandelt die Eigenschaften von Licht als elektromagnetische Welle. Es wiederholt und vertieft dabei einen Teil der Elektrodynamik und schafft die Grundlagen fĂŒr die Behandlung von Licht im Rahmen der elektromagnetischen Theorie. Wir gehen dabei von den Maxwellgleichungen im Medium aus, leiten daraus die Wellengleichung ab und betrachten die Ausbreitung von Licht in einem dispersiven Medium. Mit Hilfe der Randbedingungen beim Durchgang von Licht durch GrenzflĂ€chen werden wir abschlieĂend die Gesetze fĂŒr Reflexion und Brechung erhalten.
2.1 Die Wellengleichung und ihre Lösungen
In praktisch allen Anwendungsgebieten der Optik beschÀftigt man sich mit d...