SACCIA - Sichere Kommunikation
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SACCIA - Sichere Kommunikation

FĂŒnf Kernkompetenzen mit Fallbeispielen aus der pflegerischen Praxis

  1. 348 Seiten
  2. German
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SACCIA - Sichere Kommunikation

FĂŒnf Kernkompetenzen mit Fallbeispielen aus der pflegerischen Praxis

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Wie kann eine bessere Patientensicherheit und VersorgungsqualitÀt durch eine kompetentere zwischenmenschliche Kommunikation möglich werden?

Dieses Fallstudienbuch bietet schnellen Zugriff auf praktische Lösungen in kritischen Kommunikationssituationen im Versorgungalltag von PflegefachkrĂ€ften in Aus- und Fortbildung. Jeder Falldiskussion folgen pĂ€dagogische Fragen und angewandte Übungen, die ein besseres VerstĂ€ndnis der sicherheitsrelevanten Kommunikationsprozesse fördern und den Lernprozess des Lesers unterstĂŒtzen.

Die Autoren erlĂ€utern in ihrem innovativen Werk grundlegende Prinzipien der zwischenmenschlichen Kommunikation, und beziehen diese auf alltĂ€gliche Prozesse in der Gesundheitsversorgung, um damit eine wichtige Grundlage fĂŒr eine bessere Patientensicherheit und VersorgungsqualitĂ€t zu schaffen. Die Fallstudien basieren auf wahren Begebenheiten und beschreiben sowohl unerwĂŒnschte Ereignisse als auch Beinahe-SchadensfĂ€lle in nahezu allen Bereichen der Pflege.

HĂ€ufig gestellte Fragen

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783110560893
Auflage
1
Thema
Medizin

Teil III Patientensicherheit und SACCIA Sichere Kommunikation: Fallbeispiele aus sechs Versorgungsphasen

Phase 1: Informationssammlung

Die Informationssammlung ist die Phase im Pflegeprozess, in der Pflegende mithilfe spezifischer Fragestellungen versorgungsrelevante Informationen ĂŒber den PflegeempfĂ€nger in Erfahrung bringen. Dabei werden der zu Pflegende und gegebenenfalls auch Personen aus dessen Umfeld, die nĂŒtzliche Informationen liefern können, befragt. Im medizinischen wie pflegerischen Zusammenhang besteht das Hauptziel darin, Informationen zu erfassen, die der Formulierung einer validen pflegerischen Diagnose bzw. Problemdarstellung und einer fĂŒr den PflegeempfĂ€nger angemessenen Behandlung dienen (vgl. Dröber et al. 2004). Eine vollstĂ€ndige Informationssammlung beinhaltet Name, Adresse und Bezugsperson des PflegeempfĂ€ngers, eine EinschĂ€tzung seiner gesundheitlichen Situation (vorwiegend durch den zu Pflegenden selbst vorgenommen) sowie dessen individuelles Erleben dieser Situation. Des Weiteren beinhaltet die Informationssammlung die medizinischen Diagnosen, bisherige Krankenhausaufenthalte, alle Aspekte der Medikation und Medikamenteneinnahme, Lebensgewohnheiten, individuelle WĂŒnsche, Hilfsmittel sowie Fertigkeiten und EinschrĂ€nkungen des PflegeempfĂ€ngers (vgl. Brucker et al. 2009; Thiel 2014).

Fall 1: Welches Insulin?

Pflegende-PflegempfÀnger-Kommunikation
Medikationsfehler, Zwischenfall mit Beinaheschaden
Klinischer Kontext: AkutstationÀrer Aufenthalt
Kommunikationsrahmen: Interaktion zwischen Pflegefachperson und Patient
Ereignis: Unsichere Kommunikation, die beinahe zu einer unterlassenen oder falschen Medikation fĂŒhrt
Ergebnis fĂŒr die Patientensicherheit: Zwischenfall mit Beinaheschaden
Fallbeschreibung aus der deutschen CIRS-Dokumentation, aufbereitet von Sandra Postel (R.N., Gesundheits- und Krankenpflegerin, MSc Pflegewissenschaft)
Ein Patient, mĂ€nnlich, 69 Jahre alt, wird stationĂ€r auf eine Abteilung der Inneren Medizin aufgenommen. Die handschriftliche Anordnung der Medikation der Ă€rztlichen Person ❶ ist unleserlich; daher fragt die aufnehmende Pflegefachperson telefonisch nach. Der diensthabende Arzt gibt die Auskunft, ❷ dass der Patient selbststĂ€ndig 12 IE Alt-Insulin 1-0-1 spritzt.
Beim Stationsdurchgang spricht die Pflegefachperson mit dem Patienten wegen der Insulingabe. Der Patient kann – ❞ entgegen der Angabe von der Notaufnahme – nicht selbststĂ€ndig spritzen und bittet darum, dass die Pflegefachperson dies ĂŒbernimmt. Nach der DurchfĂŒhrung einer Blutzuckerkontrolle befragt die Pflegefachperson mit Pen in der Hand den Patienten vorsichtshalber: „Ich gebe Ihnen jetzt 10 IE Einheiten Alt-Insulin“. Der Patient antwortet: „Aber ich nehme doch immer schon Novorapid¼“.
Bei der telefonischen RĂŒckversicherung bei dem Arzt âč reagiert dieser genervt und fordert die Pflegefachperson auf, „das zu geben, was der Patient sagt“. Insulin NovorapidÂź wird durch die Pflegefachperson verabreicht.

Prinzipien der zwischenmenschlichen Kommunikation

1. Inhaltliche Redundanz durch direkte KanÀle fördert die Richtigkeit der kommunizierten Inhalte und deren VerstÀndnis

❶ Kommunikationsfehler der Klarheit (unvollstĂ€ndige Encodierung)
Der Arzt verordnet die Medikation des Patienten mithilfe unleserlicher Handschrift.
❷ Kommunikationsfehler der Richtigkeit (fehlangewendete Encodierung)
WĂ€hrend der Korrektur des ursprĂŒnglichen Klarheitsfehlers vermittelt der Arzt falsche Informationen an die Pflegende: Er benennt das falsche Insulin und sagt fĂ€lschlicherweise aus, dass der Patient die Medikation selbststĂ€ndig einnehme.
❞ Kommunikationsfehler der Richtigkeit (fehlangewendete Encodierung)
Das Personal der Notaufnahme vermittelt falsche Informationen – es gibt an, dass der Patient sich sein Insulin selbststĂ€ndig spritzt.

2. Kommunikation verfolgt verschiedene Ziele

âč Kommunikationsfehler der Kontextualisierung (fehlangewendete Decodierung)
Der Arzt reagiert genervt auf die sichere Kommunikationspraxis der Pflegenden, anstatt diese Kommunikationsepisode fĂŒr eine einheitliche VerstĂ€ndnisfindung einzusetzen. Seine Reaktion erfolgt wahrscheinlich aus der Empfindung heraus, dass er sich von einer hierarchisch unterlegenen Pflegefachperson infrage gestellt fĂŒhlt. Er decodiert die Kommunikation der Pflegenden also zu sehr im relationalen statt im funktionalen Kontext (d. h. einer sicheren Medikation des Patienten).

3. Kommunikation beruht auf subjektiven Vorannahmen und Wahrnehmungen

❞ Kommunikationsfehler der Richtigkeit (unterlassene transaktionale Kommunikation)
Das Personal der Notaufnahme geht davon aus, dass der Patient sich sein Insulin selbststÀndig spritzt. Diese (Fehl-)Annahme wird nicht mit dem Patienten oder dessen Angehörigen verifiziert.

Diskussion

Der ursprĂŒngliche Klarheitsfehler des Arztes (unleserliche Handschrift) ganz am Anfang dieses Falls setzt die Wurzel fĂŒr zahlreiche weitere Kommunikationsfehler, die am Ende zu einem gefĂ€hrlichen Medikationsfehler fĂŒhren könnten. Diese Fehlerkette kann nur mithilfe einer sicheren Kommunikationspraxis unterbrochen und korrigiert werden. Die Pflegende in diesem Fall praktiziert diese Intervention vorbildlich. Ihre telefonische RĂŒcksprache mit dem Arzt stellt eine sichere Kommunikationspraxis dar, weil sie die Bedeutung der unleserlichen Handschrift im direkten GesprĂ€ch mit dem Arzt klĂ€rt und somit zielstrebig eine einheitliche VerstĂ€ndnisfindung fĂŒr eine patientensichere Versorgung verfolgt. Nicht nur zu diesem Zeitpunkt handelt die Pflegende im Sinn des Redundanzprinzips. Insgesamt priorisiert sie dreimal eine einheitliche VerstĂ€ndnisfindung mithilfe einer sicheren Kommunikation: Anfangs zur KlĂ€rung der unleserlichen Handschrift, dann im GesprĂ€ch mit dem Patienten zur Verifizierung des Medikaments kurz vor Verabreichung des Insulins und nicht zuletzt in ihrer erneuten RĂŒcksprache mit dem Arzt. Nicht nur in dieser letzten Instanz stellt die Pflegende die Sicherheit des Patienten ĂŒber ihre hierarchische Unterlegenheit (und den damit verbundenen Empfindungen) gegenĂŒber dem Arzt. Sie lĂ€sst an allererster Stelle Vorsicht walten und befĂ€higt mit dieser Haltung eine sichere Kommunikationspraxis, die ein schwieriges zwischenmenschliches GefĂŒge bezwingt. Nur so kann sie letztendlich verhindern, dass der Patient einen gefĂ€hrlichen Medikationsfehler erfĂ€hrt – entweder in Form einer unterlassenen Medikation (wenn er das Insulin nicht erhalten hĂ€tte, weil er es sich nicht selbststĂ€ndig verabreichen kann) oder in Form einer Fehlmedikation (die Verabreichung des falschen Insulins, das zu einer langsameren Blutzuckersenkung gefĂŒhrt hĂ€tte, möglicherweise mit der Folge einer Störung des gesamten Blutzuckermanagements).
Das Personal in der Notaufnahme und der Arzt hingegen befÀhigen ihre Kommunikation nur unzureichend im Sinn einer patientensicheren Arzneimitteltherapie:
  • 1. In der Notaufnahme wird davon ausgegangen, dass der Patient sich das Insulin selbststĂ€ndig spritzt; diese (Fehl-)Annahme wird jedoch nicht mithilfe einer sicheren Kommunikation mit dem Patienten oder dessen Angehörigen verifiziert.
  • 2. Der Arzt versteht die erneute Kontaktaufnahme der Pflegenden als zwischenmenschliche Kritik anstatt als Sicherheitsmaßnahme. Man kann nur hoffen, dass die unangemessene Reaktion des Arztes die Pflegende nicht entmutigt, auch in Zukunft das Wort zu ergreifen, wenn sie ein derartiges Patientensicherheitsrisiko erkennt.

Kommunikationsstrategien nach Hannawa-SACCIA

Folgende Handlungsweisen hÀtten diesen Zwischenfall verhindern können:
  • – Der Arzt hĂ€tte die Medikation des Patienten entweder digital oder mithilfe lesbarer Handschrift vermitteln können.
  • – Das Personal der Notaufnahme hĂ€tte im GesprĂ€ch mit dem Patienten oder dessen Angehörigen validieren können, dass der Patient sich sein Insulin selbststĂ€ndig spritzt, statt einfach davon auszugehen.
  • – Der Arzt hĂ€tte wĂ€hrend des Telefonats mit der Pflegenden sichergehen können, dass er das Insulin richtig benennt; gegebenenfalls hĂ€tte er seine Unsicherheit bezĂŒglich der Bezeichnung des Insulins zum Ausdruck bringen können, damit die Pflegende das Medikament nochmals validiert.
  • – Der Arzt hĂ€tte seine Reaktion auf die Frage der Pflegenden bezĂŒglich des Insulins am Ende des Falls auf die Patientensicherheit ausrichten können, statt sie als zwischenmenschliche Kritik aufzufassen. Die Pflegende hĂ€tte dies weiter unterstĂŒtzen können, indem sie ihre Frage explizit als patientensichere Kommunikation betitelt und eine zwischenmenschliche Kritik darin explizit ausschließt.

Kommunikationslehren fĂŒr eine bessere Patientensicherheit und VersorgungsqualitĂ€t

WĂ€hlen Sie aus den 30 KommunikationslehrsĂ€tzen in Kapitel 9 diejenigen aus, die diesen Fall am treffendsten beschreiben und kreuzen Sie die entsprechenden KĂ€stchen in dieser Checkliste an. BegrĂŒnden Sie Ihre Wahl und erklĂ€ren Sie, wie die einzelnen LehrsĂ€tze mit diesem Fall zusammenhĂ€ngen.

Fragen zur Diskussion und Übungen

  • 1. Wie könnte unterstĂŒtzt werden, dass die Kommunikation zwischen Pflegenden und Ärzten auf angemessene Art und Weise verlĂ€uft?
  • 2. ErlĂ€utern Sie drei Wege, wie das aufnehmende Team aus Arzt und Pflegefachperson die Aussage des Patienten, er könne das Insulin selbst spritzen, validieren könnte.
  • 3. Stellen Sie in einem Rollenspiel das Telefonat zwischen dem Arzt und der Pflegefachperson na...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Grußworte aus den DACH-LĂ€ndern
  5. Vorwort von Hedwig François-Kettner
  6. Vorwort von Patricia Benner
  7. AbkĂŒrzungsverzeichnis
  8. Inhalt
  9. Einleitung
  10. Teil I Patientensicherheit: Grundlagen, Herausforderungen und Trends
  11. Teil II SACCIA Sichere Kommunikation: Grundlagen, Herausforderungen und Trends
  12. Teil III Patientensicherheit und SACCIA Sichere Kommunikation: Fallbeispiele aus sechs Versorgungsphasen
  13. Zusammenfassung
  14. Schlusswort von Gerald Gaß: Kommunikation im Krankenhaus: Chancen und Herausforderungen der Spezialisierung
  15. Schlusswort von Markus Mai und Franz Wagner: Berufspolitische Implikationen zur Frage der Sicherheit fĂŒr Menschen mit Pflegebedarf
  16. Literaturverzeichnis
  17. Stichwortverzeichnis