Frances Densmore: "Ich hörte eine indianische Trommel"
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Frances Densmore: "Ich hörte eine indianische Trommel"

Die Ethnologin Frances Densmore als Bewahrerin indianischen Kulturgutes

  1. 50 Seiten
  2. German
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Frances Densmore: "Ich hörte eine indianische Trommel"

Die Ethnologin Frances Densmore als Bewahrerin indianischen Kulturgutes

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Dieser Essay stellt das Leben und das Werk der großen Ethnologin Frances Densmore (1867-1957) vor. Fünfzig Jahre lang zeichnete Densmore mit Hilfe eines Phonographen auf ca. 80 Forschungsreisen in Indianerreservate etwa 2500 Lieder verschiedenster Stämme auf. Mit Hilfe von Dolmetschern schrieb sie die zu den Liedern gehörenden Geschichten nieder. Auf diese Weise konnte vieles von den alten indianischen Traditionen vor dem Vergessenwerden bewahrt werden. Der Essay enthält etliche erstmals in deutscher Sprache veröffentlichte Zitate aus Vorträgen, Briefen und Schriften Densmores. Besonderes Augenmerk wird auf Entstehung und Wirkungsgeschichte ihres bedeutendsten Werkes, »Teton Sioux Music« (deutsch: »Die Lieder der alten Lakota«), gelegt.

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Information

II. »Die Lieder der alten Lakota«

A. Die Entstehung des Werkes

Bereits 1906 hatte Frances Densmore begonnen, Musik der Sioux zu analysieren. In der Nähe ihrer Heimatstadt Red Wing lag das kleine Sioux-Dorf Prairie Island. Sie hatte dort Freundschaft mit einer Indianerin (Mdewakanton-Dakota) namens Good Earth Woman geschlossen, obgleich keine die Sprache der anderen verstand. Good Earth Woman und eine Freundin sangen zwei Lieder für Densmore, die diese notierte und untersuchte.
Abb. 8: Good Earth Woman (Susan Windgrow) auf Prairie Island.
1911, in der Endphase ihres Studiums der Bräuche und der Musik der Chippewa, reiste sie für einen Monat ins Sisseton-Reservat in South Dakota und nahm dort Lieder auf. Problematisch war für sie, dass sie dort keinen Dolmetscher finden konnte, der ihren Ansprüchen genügte, so dass sie die Texte der Lieder erst im Nachhinein von ihrem Hauptdolmetscher auf dem Standing-Rock-Reservat, Robert Higheagle, transkribieren und übersetzen lassen konnte.
Im selben Jahr reiste sie zum ersten Mal ins Standing-Rock-Reservat, um dort den Sonnentanz der Sioux zu studieren. Ihr bedeutendster Informant in diesem Zusammenhang war ein ca. 80-jähriger Medizinmann namens Red Weasel (Ituŋ’kasaŋlu’ta), der viermal als Tänzer an der Zeremonie teilgenommen und zudem viermal das höchste Amt beim Sonnentanz, das des Fürsprechers (kuwa’ kiya’pi), innegehabt hatte.
In einer Vorlesung über den Sonnentanz bei den Sioux, die sie im April 1913 vor der Anthropological Society of Washington hielt, berichtete Frances Densmore über die anfängliche Zurückhaltung Red Weasels:
Er kam sehr widerwillig. Er war 43 Meilen mit einem Fuhrwerk gereist, und als er eintraf, nahm er den Tabak, den ich ihm anbot, an. Er sagte, dass es nicht sein Wunsch gewesen sei zu kommen und dass er mir überhaupt nichts erzählen wolle. Er sagte, dass ihm das Wissen über den Sonnentanz sehr heilig sei und dass er beabsichtige, dass es mit ihm stürbe. Ich erklärte ihm, dass ich nur wollte, dass er mir sagte, ob ich irgend etwas niedergeschrieben hatte, das nicht wahr sei. Bevor der Tag vergangen war, hatte er mir eine große Menge höchst interessanter Informationen gegeben, und er sang auch vier Lieder. Danach sagte er, dass er diese Lieder seit über dreißig Jahren nicht mehr gesungen habe, und dass er sie wahrscheinlich nie wieder singen würde.16
Ihr Auftreten muss auf die alten Häuptlinge und Medizinmänner außerordentlich großen Eindruck gemacht haben, denn bereits bei ihrem ersten Aufenthalt auf dem Standing-Rock-Reservat ereignete sich etwas Unerhörtes: Frances Densmore wurde von einem der großen Häuptlinge des Stammes, Red Fox (Toka’la-lu’ta, geb. 1842), adoptiert. Red Fox hatte an 45 Kriegszügen gegen feindliche Stämme teilgenommen. Darüber hinaus war er drei Mal durch den Sonnentanz gegangen. Durchaus bemerkenswert erscheint die Tatsache, dass er seinen Häuptlingstitel erhielt, nachdem er zwei Crow-Indianern, die er besiegt hatte, großmütig das Leben schenkte. Die Adoption öffnete Densmore nicht nur bei den Sioux für ihre weiteren Forschungen Tür und Tor:
Abb. 9: Red Fox.
Im Jahre 1911, als ich in Fort Yates, North Dakota, weilte, und den Sonnentanz erforschte, verkündete ein sehr berühmter Häuptling, Red Fox, vor einer Zusammenkunft von Häuptlingen und Anführern, dass er beabsichtigte, mich als seine Tochter zu adoptieren! Das war nicht allzu ungewöhnlich, da jeder wusste, dass Red Fox das Recht hatte, jemanden an seiner Tochter Stelle zu adoptieren, die einige Jahre zuvor verstorben war. Die Versammlung stimmte seinem Ansinnen zu, aber Sie können sich vorstellen, wie groß die Überraschung für mich war! Der Name der verstorbenen Tochter lautete Ptesaŋ’-noŋ’pawiŋ (was Two White Buffalo Woman bedeutet), und dies war der Name, den ich von Red Fox erhielt. Er erkläre mir, dass ich niemals zögern sollte, ihn zu verwenden, wo auch immer ich mich befinden mochte. Er hatte ein Recht darauf, seiner Tochter diesen Namen zu verleihen, da er zweimal dazu auserwählt worden war, einen weißen Büffel zu erlegen, als sein Stamm auf der Jagd war. Auf diese Weise auserwählt zu werden bedeute eine Ehre, denn nur selten wurden in einer Herde Albinotiere gesichtet.
Am 4. Juli 1912 hatten sich in meiner Anwesenheit tausend Indianer am Grand River, South Dakota, versammelt, und die Stammesgruppe von Red Fox bestätigte meine Adoption. Lieder wurden zu meiner Ehre gesungen, alte Lobeslieder und einige neue Lieder, die meinen Namen enthielten. Sie werden diese Lieder transkribiert im Sioux-Buch finden.17
Die Motive Red Fox’, Densmore zu adoptieren, sind nicht überliefert. Sicher spielte persönliche Zuneigung eine große Rolle. Doch sein hohes Ansehen im Stamm beweist, dass er auch ein sehr kluger und weitsehender Mann war. Er hat zweifelsohne die Forschungsvorhaben Densmores in ihrer vollen Tragweite begriffen, das heißt, ihm war bewusst, dass das ursprüngliche Wissen seines Stammes verlorengehen oder verfälscht würde, wenn niemand es in seiner authentischen Form bewahrte. Seine Adoption zeigt, dass die Bewahrung des Wissens ihm außerordentlich wichtig gewesen sein muss.
Abb. 10: Sioux-Lager am Grand River.
Auch andere Lakota der alten Tage hatten begriffen, dass die Technik der Weißen ihnen dabei eine wichtige Unterstützung sein konnte. So schrieb der Lakota-Erzähler John Okute Sica (Woúŋka-pi-śni, 1890 - 1964) über den Gras(gürtel)tanz, auch bekannt als Omaha-Tanz, in seiner ursprünglichen Form:
Wir Alten sind nun die letzten, die diese schöne Tanzzeremonie in ihrer echten Form bewahren können. Die Wissenschaft hat uns die technischen Möglichkeiten dazu gegeben. Wenn wir es nicht tun, dann wird dieser rituelle Tanz schon bald verlorengegangen sein.18
Im Juni 1913 und Juli und August 1914 unternahm Frances Densmore weitere Forschungsreisen auf das Standing-Rock-Reservat. Mit Robert Higheagle19 hatte sie dabei nicht nur einen hochkompetenten Dolmetscher und Übersetzer an ihrer Seite, sondern auch einen Stellvertreter, der in ihrer Abwesenheit eigenständig und mit großem Engagement die Befragungen unter seinen Stammesgenossen zu den verschiedensten Themen, an denen Densmore forschte, weiterführte.
Abb. 11: Robert Higheagle.
Ich bemerkte einst zu Higheagle, meinem Sioux-Dolmetscher, dass er eine gute Englischausbildung in Hampton gehabt haben musste, und er erwiderte, dass er einen Englischlehrer hatte, der sein Bestes gegeben habe, um ihn korrektes Englisch zu lehren. Im Ergebnis hat er, als er mit mir an dem Sioux-Buch gearbeitet hat, eine besonders wertvolle und kritische Arbeit geleistet […].20
In ihrer Einleitung zu »Teton Sioux Music« schrieb sie:
Mr. Higheagles Mitarbeit umfasste die gesamte Phase des Sammelns von Material der Teton und dessen Aufbereitung zur Veröffentlichung. Zusätzlich zu dieser Arbeit steuerte er ein Wissen über Leben und Mentalität der Sioux bei, ohne das eine tiefgründige Interpretation des Stoffes nicht möglich gewesen wäre.21
Robert Higheagle kann daher mit Fug und Recht als Koautor von »Teton Sioux Music« angesehen werden.

B. Das Werk

»Teton Sioux Music« stellt eine äußerst detailreiche Beschreibung des religiös-kulturellen, kriegerischen und Alltagslebens der alten Lakota dar. Stets natürlich mit den dazugehörigen Liedern (Noten, Texte und musikwissenschaftliche Analysen). Im ersten Abschnitt des Werkes werden die Zeremonien des Stammes behandelt, beginnend mit der Legende von der Weißen Büffelfrau:
Es erscheint passend, die vorliegende Darstellung von Zeremonien und Bräuchen des Stammes mit einer Erzählung über das Geschenk der Pfeife des Weißen Büffelkalbs an di...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. I. »Ich hörte eine indianische Trommel«
  6. II. Die Lieder der alten Lakota
  7. Weitere Bücher
  8. Fußnoten