Robert Walsers Prosastücke im Lichte Friedrich Nietzsches
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Robert Walsers Prosastücke im Lichte Friedrich Nietzsches

Ein poetologischer Vergleich

  1. 238 Seiten
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Robert Walsers Prosastücke im Lichte Friedrich Nietzsches

Ein poetologischer Vergleich

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Die vorliegende Arbeit führt erstmalig einen Vergleich von Robert Walser und Friedrich Nietzsche anhand der von ihnen eingesetzten poetologischen Verfahren durch. Dieser Ansatz entwickelt den in der Nietzscheforschung in den letzten Jahren entstandenen und in der Walserforschung aktuellen Trend, vermehrt poetologische Verfahren in den Blick zu nehmen und Kontextstudien nicht als auf einem Lektürenachweis basierende Einflussforschung zu verstehen, durch die textnahe Lektüre von bisher noch nicht in dieser Methodik analysierten Textpassagen weiter.Der aufgespannte nietzscheanische Vergleichshorizont vermag die poetologische Faktur von Walsers Prosa zu profilieren und dem Leser instruktive Einblicke in die Besonderheiten des walserschen Schreibens zu eröffnen, etwa in seinier Inszenierung von Selbstreflexivität, in die exemplarische Dartellung von Ich-Dissoziation und Fragmentierung. Die Ergebnisse der exemplarischen Textanalysen konturieren das erkenntniskritische Potenzial der Texte Walsers und bereichern die Diskussion um experimentelles Erzählen und zur Funktion von Autor-Rollen in der Moderne.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783110638660

1Einl
eitung

Die Walserforschung hat ausgewählte Texte Walser bereits mehrfach mit Nietzsche in Verbindung gebracht.1Im Fokus dieser der traditionellen Quellenforschung folgenden Zusammenführung standen – neben der bloßen Erwähnung Nietzsches – vermeintlich offensichtliche Paraphrasen oder Zitate aus Texten Nietzsches; ein Ansatz, von dem sich die vorliegende Arbeit, die eine überarbeitete Version einer an der Philosophischen Fakultät der Universität Stuttgart entstandenen Promotion ist, bewusst abgrenzt. Stattdessen wird eine neue Lesart für diese Texte entwickelt, die deren ästhetischen Merkmale in den Blick nimmt, welche in signifikanter Weise durch einzelne oder mehrere Besonderheiten der bei Nietzsche zu identifizierenden Schreibweisen ähnlich sind. Zusätzlich werden weitere Texte, welchen die Walserforschung (in Bezug auf Nietzsche) überhaupt noch keine Aufmerksamkeit entgegengebracht hat, in diesen Kanon eingereiht werden. Auf Basis einer Analyse der ästhetischen Verfahren können dann jeweils Rückschlüsse auf eine immanente Poetik in Nietzsches und Walsers Texten gezogen werden. Bei einem solchen Vergleich der Poetologien treten sowohl literarische als auch philosophische Aspekte bei Walser und Nietzsche gleichermaßen konturiert hervor, da diese – so die These der jüngeren textnahen Nietzscheforschung (Zittel 2000, Stegmaier 2011, Dellinger 2014, Pichler 2014) – von einander nicht zu trennen sind.
Die auch in der Walserforschung immer stärker in den Fokus rückende Poetologie (Wagner 2011; Stiemer 2013; Walt 2015, Caduff 2016; Pfeiffer/ Sorg 2019, S. VII) wird im Folgenden verstanden als das
Phänomen, dass literarische Erzeugnisse kaum je von ihnen unabhängige Regeln und Prinzipien erfüllen, sondern ihre Poetik, das heißt hier: die Bedingungen und die Art ihres Gemachtseins, ihres Bedeutens oder Zu-lesen-Gebens, immanent, an ihren vielschichtigen Materialien zu verstehen geben. (Christen, Forrer, Stingelin und Thüring 2014, S. 10)
Demnach ist Poetologie als eine immanente Poetik zu verstehen, die durch die Texte realisiert, jedoch nicht zwingend artikuliert wird (Vgl. Fricke 2003, S. 100). Mit Blick auf Nietzsches Textverfahren bedeutet dies, dass man nicht mehr zwischen Darstellungsform und Inhalt trennen kann. Nietzsches philosophische Schreibweisen, die nicht sowohl als auch literarisch und philosophisch sind, stehen dann in Anknüpfung an Beda Allemann „nicht [für Nietzsches] Reflexion auf Kunst und Künstlertum, sondern was sich an [… philosophischem Gehalt] aus seiner literarisch-poetischen Praxis ableiten und erörtern läßt […].“ (Allemann 1993, S. 22 f.). Die philosophische Fragestellung, die den hier vorgenommenen poetologischen Vergleich leitet, ist Nietzsches Subjektkritik in Zusammenhang mit seiner späten Erkenntniskritik.2Im Zuge textnaher Lektüre soll die Poetologie ausgewählter subjektkritischer Texte von Nietzsche herausgearbeitet werden, anhand derer das reziproke Verhältnis von Subjektkritik und Darstellungsformen zu bestimmen ist, wobei Ähnlichkeiten und Abweichungen zwischen Nietzsches und Walsers sprachlichen Verfahren dokumentiert werden.
Die Forschung hat sich in Bezug auf das Subjekt bei Walser dem poetologischen Phänomen der Selbstreferenz mit besonderer Aufmerksamkeit gewidmet. Nach Dauner (2009) ist das Phänomen der Selbstreferenz dann gegeben, wenn ein Text oder dessen Figuren über sich selbst oder seine ihn/ihre sie konstituierenden Verfahren sprechen. Da bei Walser die Sprecherinstanzen oft mit sich selbst kommunizieren oder zum Teil reale Dichter als Dichterfiguren besprechen und adressieren, nähert sich die Forschung dieser Selbstreferentialität – selten jedoch den diese umsetzenden narrativen Verfahren – in den Texten Walsers mit unterschiedlichen, jedoch meist rein literaturwissenschaftlichen Erklärungsmodellen: Die Selbstreferentialität wird mitunter naiv als brüderliches „Spiegelbild“ (Brändle 1971, S. 23) des Autors Robert Walser gedeutet, als „Doppelgänger seiner selbst“ (Böschenstein 2013, S. 85) oder als Selbstreferentialiät innerhalb des autopoietischen Literatursystems – will heißen: wenn ein Dichter über Dichter schreibt – oder als Selbstreferentialität der Sprache.3
Sieht man von einigen Arbeiten wie denjenigen von Greven (1960/2009) Villwock (1993) oder Oehm (1993) ab, so mangelt es an philosophisch-ästhetischen Erklärungsansätzen, welche die Selbstreferenzialität nicht als reinen Selbstzweck und finales Ziel ihrer Analysen behandeln. Diesen Mangel möchte die vorliegende Arbeit jenseits von rein literaturwissenschaftlichen Ansätzen beheben, indem sie zeigt, auf welche Art Selbstreferenzialität eine rückbezügliche Relationsform darstellt, die im Verbund mit den anderen poetischen Verfahren der Textorganisation deutungsrelevant wird.

1.1Thesen

Ausgangshypothese der vorliegenden Studie ist, dass Robert Walser ein feineres Sensorium für Nietzsche und dessen Textverfahren besaß, als bisher in der Forschung angenommen wurde. Dadurch drängt sich die Frage auf, in welchem Maße Walsers Reflexion auf die nietzscheschen Textverfahren Auswirkungen auf dessen eigenes Schreiben gehabt hat.
Daraus lassen sich für den in dieser Arbeit vorzunehmenden Vergleich folgende Thesen ableiten, die an den Forschungsstand zu Walser anschließen:
  1. Die für das Spätwerk, speziell für den Räuber, festgestellten und weiter noch aufzuzeigenden Kennzeichen von Walsers ästhetischem Verfahren wie Selbstreflexivität, Dissoziation des Ichs oder Fragmentarisierung sind bereits in frühen ausgewählten Veröffentlichungen Walsers angelegt.4Die Kennzeichen verdichten sich jedoch zusehends im Lauf der Jahre und radikalisieren sich im Räuber und den Texten dieser Zeit als dem Fluchtpunkt dieser Entwicklung.5Die in den Walsertexten realisierten Verfahren sind mit den Verfahren Nietzsches in dessen Texten vergleichbar.
  2. Grundsätzlich zielt die Analyse der Poetologie Nietzsches darauf ab, einen Deutungsansatz für die Funktionsweise der experimentellen Prosa Walsers zu generieren. Es wird zu belegen sein, dass die Poetologien ausgewählter Texte von Walser darauf angelegt sind, ein kalkuliertes Missverständnis zu provozieren. Evoziert wird auf diese Weise eine Poetologie der Unverständlichkeit, die als visuelles und akustisches Wahrnehmungskonzept in den Texten Walsers nachweisbar ist. Ausgehend von Nietzsches Subjektkritik scheint sich in einigen vonn Walsers Texten die organisierende Mitte der Texte, das ,Ich‘, aufzulösen, so dass eine alternative Ordnung der Texte, einer Poetologie der Unverständlichkeit folgend, mit z.T. individuellen Ausprägungen bei Nietzsche und Walser zu skizzieren ist.
Mit dem Fokus des Vergleichs auf die Poetologien insbesondere der wechselseitigen Korrelation von philosophischer Subjektkritik und Darstellungsformen wird es nötig, Nietzschetexte oder deren Passagen daraus für den Vergleich heranzuziehen, denen die Walser-Forschung bisher keine Aufmerksamkeit geschenkt hat: Die bisherigen Analysen von Walsertexten mit Blick auf Nietzsche suchen hauptsächlich nach motivischen Vergleichsmöglichkeiten und zeitigen in der Tendenz eher ein Ergebnis, das apollinisch-dionysische Gegensätze von Nietzsche und Walser betont (z. B. groß/ klein). Es sollen daher in dieser Arbeit erstmals Nietzschetexte herangezogen werden, welche die Subjektkritik entwickeln und dabei performativ realisieren (hauptsächlich JGB und Texte aus dem NL). Es gilt, die auf Nietzsches Philosophemen basierenden Deutungen von Walsers Texten und Textabschnitten mit dem neuen Vergleichshorizont zu korrigieren sowie die Validität dieser neuen Lesart an weiteren Texten zu belegen. Als verallgemeinerte Konsequenz legt der Nietzsche-Vergleich nahe, dass Walsers Texte qua Form skeptisch-nihilistische Positionen reflektieren.

1.2Nietzsche
und Walser
Forschungsstand

In der Forschungsliteratur scheint eine Auseinandersetzung Robert Walsers mit Friedrich Nietzsche ausgemacht. Diese Position wird in diesem Subkapitel in ihrer interpretativen Bandbreite skizziert und bildet die Grundlage sowie Abgrenzungs-und Anknüpfungspunkt für die weiteren Untersuchungsschritte dieser Arbeit. Dass Walser – wie viele Autoren zu Beginn des 20. Jahrhunderts – Nietzsche zur Kenntnis genommen haben muss, ist bekannt: Ein Indiz dafür sind die rund ein Dutzend namentlichen Nennungen Nietzsches und zum Teil damit verbundene vermutete oder belegte Bezüge zu Robert Walser im Index des Robert-Walser-Handbuchs (Gisi 2015). Diese gehen von vermuteten Lektüreeinflü...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Siglenverzeichnis der verwendeten Schriften
  6. 1 Einleitung
  7. 2 Einzelanalysen
  8. 3 Ausblick
  9. 4 Literatur-/Abbildungsverzeichnis
  10. Personenregister
  11. Sachregister