Ambivalenz und Dynamik
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Ambivalenz und Dynamik

Eine empirische Studie zu Religion in der häuslichen Pflege

  1. 587 Seiten
  2. German
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Ambivalenz und Dynamik

Eine empirische Studie zu Religion in der häuslichen Pflege

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Über dieses Buch

Wann und unter welchen Bedingungen kann Religion bei der Bewältigung eines einschneidenden Lebensereignisses als Ressource dienen? Im interdisziplinären Dialog von Theologie und Psychologie wird diese Frage anhand einer empirischen Längsschnittstudie mit qualitativen und quantitativen Methoden am Beispiel pflegender Ehepartner*innen bearbeitet.
Das Ziel liegt darin, die Chancen einer Vernetzung religionspsychologischer Konzepte mit der Praktischen Theologie aufzuzeigen. Die Ergebnisse legen nahe, Religion mit ihren Potenzialen als Ressource und Belastung im Kontext des sozialen Systems differenziert und mehrdimensional zu erfassen.
Religion ist im Alltag der Pflegenden von ambivalenter Bedeutung und transformiert sich dynamisch mit der partnerschaftlichen Interaktion und dem Wandel der Lebensbedingungen. Dies eröffnet Impulse für die Religionsforschung, aus der sich weiterführende Aspekte für die Begleitung und Wahrnehmung von Menschen in Lebenskrisen gewonnen werden, die für Seelsorge, Diakonie, Religionspsychologie und Gesundheitswissenschaften von Interesse sind.

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Information

Jahr
2019
ISBN
9783110632354

1Einleitung

„Wie Gott machen, so wird.“ Mit diesen Worten verabschiedet sich eine pflegende Ehefrau nach unserem ersten Gespräch. Sie vertraut ihr Leben und nun auch die Pflegesituation Gott an, der sie schon über so viele Jahre im Leben begleitet hat und auf den sie auch ihre Hoffnung für die Zukunft setzt. Als polnische Einwanderer hat das Paar bereits viele Schwierigkeiten im Leben gemeinsam überwunden und dabei die Hilfe Gottes erfahren. Nun nimmt die Frau die Pflege als eine Aufgabe an, die Gott ihr gestellt hat. Und sie ist überzeugt, dass Gott nicht mehr auf ihre Schultern laden wird, als sie tragen kann. Ganz anders beschreibt ein pflegender Ehemann seine Religiosität: „Wenn der einen so zusammenhaut, ob man dann bitten und betteln soll, dass es besser wird, das versteh ich einfach net.“ Seine Lebensperspektive und die damit verbundenen Hoffnungen auf eine von Freiheit und Freizeit geprägte Zukunft sind durch den Schlaganfall seiner Ehefrau zutiefst erschüttert worden. Der gemeinsame Lebensabend wird sich nicht so realisieren können, wie er sich das gewünscht hatte. Darum ringt er mit seinem Glauben an Gott, den er als willkürlich und bestrafend erlebt, und kann keinen Lebenssinn finden. Zwischen beiden Extremen konnte ich eine Vielzahl religiöser Einstellungen, Praktiken und Gefühle beobachten, die Pflegende in ihrem Lebensalltag beschäftigen. Wie gehen sie mit der Situation um und welche religiösen Deutungsmuster artikulieren sie dabei? Jeweils ein Jahr lang habe ich jedes Paar begleitet. In dieser Zeit hatte sich die Lebensperspektive grundlegend verändert. Während einige durch die Pflege neue Kompetenzen und ein erstarktes Selbstbewusstsein für sich entdecken, zerbrachen für andere Zukunftshoffnungen. Manche kämpften mit Rollenveränderungen vom Ehemann zum Pfleger, andere wiederum kamen mit der Umstellung des Alltags ganz gut zurecht. Grundsätzlich werden religiöse Deutungsmuster auf die Probe gestellt und hinterfragt. Doch diese beziehen sich nicht allein auf die individuelle Religiosität. Die Paare haben einen langen gemeinsamen Weg hinter sich, auf dem sich individuelle aber auch geteilte religiöse Einstellungen verändert haben. In der Situation der Pflege sind Menschen als Individuen und als Paar aufs Neue herausgefordert. Es stellen sich Fragen: Wie kann Leben unter diesen Bedingungen lebenswert sein? Darf man sich ein gutes gemeinsames Sterben wünschen – und gar aktiv dazu beitragen? Trägt Gottes Hilfe auch in der Not und im Bangen um die Gesundheit des Partners oder der Partnerin? Wie soll man einem Gott begegnen, der Hoffnungen zu enttäuschen und Lebenspläne zu zerstören scheint? Hat das Leben einen Sinn?

1.1Pflege und Religion?

Die vorliegende Studie versteht sich als ein Beitrag zur Debatte um das Verhältnis zwischen Gesundheit und Religion und verfolgt gleichzeitig das Interesse, zu einer Wahrnehmung der komplexen Prozesse beizutragen, die sich im Umgang mit schwierigen Lebenssituationen im Zusammenhang mit Religion abspielen. Welche Rolle Religion für den einzelnen Menschen spielt, ist seit jeher ein Interesse der Religionspsychologie, aber auch der Praktischen Theologie gewesen. Im Zuge der empirischen Forschung in beiden Wissenschaften ergeben sich Synergieeffekte, aber auch differierende Perspektiven, die für die Grundlage dieser Arbeit genutzt werden. Eingebettet in diesen Dialog kann Religion nicht lediglich als eine die Gesundheit fördernde Ressource verstanden werden. Ich möchte daher der Breite des Phänomens in qualitativer Tiefe Rechnung tragen.
Religion bietet eine mögliche Antwort auf Lebensfragen und den Sinn des Lebens. Gleichzeitig stellt Religion aber auch vor Fragen, die ohne sie vielleicht nicht gestellt worden wären. Religion fragt nach dem Lebenssinn. Sie ruft dazu auf, über ein Leben angesichts von Alter und Krankheit nachzudenken. Sie fragt nach der Existenz und dem Handeln Gottes, der Transzendenz, des Göttlichen in der Welt und in der individuellen Lebenslage. Plötzlich eintretende Ereignisse fordern den Menschen heraus, mit neuen Schwierigkeiten umzugehen und den Blick auf das Leben und die Zukunftsperspektive zu überprüfen. Sollte dies nicht auch die Religiosität selbst beeinflussen? Über Religion und ihren Einfluss auf Gesundheit ist viel geforscht worden. Gemischte Befunde aus empirischen Studien prägen die Debatte zwischen Gesundheit und Religion: Positive, negative und uneindeutige wechselseitige Zusammenhänge sind bislang untersucht worden und lassen sich zu einem komplexen Mosaik zusammensetzen. Gleichsam werfen diese empirischen Befunde eine Vielzahl von Fragen auf. Einflüsse von Religiosität auf die Bewältigung schwieriger Lebensereignisse sind ein gut bearbeitetes Forschungsgebiet. Wie aber verhält es sich umgekehrt? Wie verändern sich Religion und religiöse Einstellung, wenn eine neue Situation ins Leben tritt, die Belastungen mit sich bringt und zu einer Neuordnung von Alltag und Lebensperspektiven zwingt? Ist das Sprichwort „Not lehrt beten“ zutreffend oder führen Lebenskrisen zu einer Abwendung von Religion? Verändert sich religiöses Coping, wenn in einer langjährigen Partnerschaft eine tiefgreifende Veränderung eintritt?
Diesen Fragen spürt die vorliegende Arbeit nach, und sie tut dies am Beispiel pflegender Ehepartner*innen – ein aktuelles Forschungsthema. Denn aufgrund des demografischen Wandels wird die Anzahl der zu pflegenden Menschen weiter ansteigen. Bereits von 2013 bis 2015 hat die Pflegebedürftigkeit in Deutschland um 9% zugenommen.1 Offizielle Statistiken erfassen aktuell über drei Millionen Pflegebedürftige, die zu Hause gepflegt werden. Die geschätzte Zahl der Fälle häuslicher Pflege liegt allerdings weit höher, da nicht alle Pflegenden Leistungen aus der Pflegeversicherung beziehen und daher in Statistiken nicht erwähnt sind.2 Um einen Großteil der Pflegebedürftigen kümmern sich Angehörige. 2015 wurden in Deutschland 2,08 Mio. der insgesamt 2,9 Mio. Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, das sind 73% der Gesamtanzahl. Knapp 1,38 Mio. dieser Hilfsbedürftigen werden allein von Angehörigen ohne die Unterstützung ambulanter Pflegedienste versorgt. Mit steigender Tendenz, denn die Anzahl derer, die sich ohne weitere Unterstützung um ihre Verwandten kümmern, hat von 2013 auf 2015 um 11,1% zugenommen.3 Viele (Ehe)Partner*innen übernehmen die Sorge um die Pflegebedürftigen, besonders im hohen Alter. Aufgrund demografischer Veränderungen werden künftig mehr kinderlose Menschen gepflegt werden müssen, so dass diese Aufgabe Menschen derselben Alterskohorte, meist Partner*innen, übernehmen werden.4 Laut Studien ist die Pflege eines Angehörigen mit erheblichen Belastungen verbunden. Zwei Drittel fühlen sich durch die Pflege belastet und in ihrer Lebensqualität eingeschränkt, viele leiden unter Depression.5 In Anbetracht dessen erscheint es dringlich, unterstützende sowie präventive Faktoren zu identifizieren, die körperliche und psychische Belastung verringern können.
Seit etwa 30 Jahren bemühen sich Forscher um die Identifizierung von Bewältigungsfaktoren, die das psychische Gleichgewicht stützen und dem Individuum in Stresssituationen helfen und so auch als Ressourcen verstanden werden können. Diese Coping-Forschung6 hat unter einer Vielzahl der Faktoren auch Religion als möglichen Einflussfaktor identifiziert. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist der Religionspsychologe Kenneth Pargament, der sich v. a. der Bedeutung von Religiosität im Prozess des Copings zuwendet. Sein Hauptwerk „The Psychology of Religion and Coping“ erschien 1997 und ist bis heute zum Klassiker der Coping-Forschung auf dem Gebiet der Religionspsychologie avanciert. Erhebliche Weiterentwicklungen haben sich seither in diesem blühenden Forschungszweig vollzogen – für eine Praktische Theologie, die interdisziplinär ausgerichtet ist und sich auch in rezeptiver Weise solcher Theorien und Forschungsergebnisse bedient, ist es nicht einfach, hier Schritt zu halten. Während in der praktisch-theologischen Forschung die Theorie verschiedener Coping-Stile mittlerweile an mehreren Stellen rezipiert wird, steht eine breitere Aufnahme der religiösen Coping-Theorie als einem dynamischen Prozess sowohl in der deutschsprachigen psychologischen Forschung als auch in der Praktischen Theologie, insbesondere in der Seelsorgelehre, bislang noch aus. Im Rahmen eigener therapeutischer Arbeit und religionspsychologischer Forschung hat Pargament die Theorie religiösen Copings entwickelt. Diese Grundlagenforschung bezieht sich daher langfristig auf das praxisorientierte Ziel der therapeutischen Begleitung im Prozess des religiösen Copings. Infolgedessen könnte diese Theorie auch hilfreiche Impulse für die Seelsorgelehre geben, indem sie theoretische Erkenntnisse für die Beschreibung innerpsychischer (religiöser) Vorgänge liefert, die wiederum für die seelsorgerliche Praxis relevant sind.
Mit der Untersuchung psychischer Faktoren wie Einstellung und Überzeugungen bezüglich der Krankheit und der Einschätzung des Wohlbefindens wurde auch das Thema der Religiosität in der Psychologie wieder entdeckt. Während die Mehrzahl der Untersuchungen aus den USA stammt, wo die Religion eine gesellschaftlich relevantere Stellung einnimmt, wurde in jüngster Zeit auch im europäischen Bereich, v.a. in der Schweiz, in den Niederlanden aber auch in Deutschland die Erforschung von Religion im Zusammenhang zur körperlichen und psychischen Gesundheit in den Blick genommen. In den letzten 20 Jahren hat sich die Gesundheitsforschung zunehmend der Religiosität und ihrer Bedeutung für die Bewältigung schwieriger Lebensereignisse angenommen. Die steigende Zahl an Veröffentlichungen ist ein deutliches Zeichen für die Aktualität dieser Fragestellung. Auch der durch Phänomene wie Spiritual Care wieder verstärkt in die Debatte aufgenommene Begriff der Spiritualität zeigt an, dass Religiosität nicht mehr als Randerscheinung, sondern als ein zentrales menschliches Phänomen wahrgenommen wird, das besonders in Krisenzeiten an Bedeutung gewinnt. Die Haupterkenntnisse der Coping-Forschung lassen den Schluss zu, dass religiöse Menschen nicht per se besser mit belastenden Situationen zurechtkommen, sondern dies von der Ausprägung ihrer Religiosität, die sich in konkreten Coping-Strategien äußert, maßgeblich bedingt wird. Eine Einsicht, die auf die Wichtigkeit der präzisen und differenzierten Wahrnehmung religiöser Phänomene in ihren lebensweltlichen Bezügen hindeutet.
In der Praktischen Theologie und der Religionspsychologie werden Formen der gelebten Religion untersucht. Für die Seelsorgetheorie und -praxis ist es zentral, ein empirisch bestätigtes Fundament zu unterlegen, das der Tätigkeit von Seelsorgenden als Unterstützung dienen kann und den Ausbau theoretischer Modelle fördert. Erst wenn sich beides – theoretisch reflektiertes empirisches Wissen und praktische Erfahrung – miteinander verbindet, ist für Hilfesuchende konkrete Unterstützung in ihrem Bewältigungsprozess möglich. Zugleich scheint eine Rezeption der in der wissenschaftlich orientierten Religionspsychologie vertretenen Konzepte längst überfällig, denn gegenwärtig werden in der Seelsorgelehre hauptsächlich humanistische, tiefenpsychologische und psychoanalytische Ansätze rezipiert, die einer im Lauf der letzten Jahrzehnte erstarkten Pastoralpsychologie zu verdanken sind. Hinzu kommen jedoch andere Entwicklungen im Bereich systemischer und ressourcenorientierter Zugänge, die das Feld der Seelsorge pluralisiert haben. Jedoch fehlt in der Seelsorgelehre noch weitgehend eine umfassende Vernetzung mit empirisch fundierten religionspsychologischen Theorien. Im Feld der religiösen Altersforschung und der Seelsorge im Alter liegen mittlerweile viele Studien und Konzepte vor, an die hier angeknüpft werden kann.

1.2Das Anliegen der Arbeit

In den letzten Jahrzehnten ist eine Vielzahl empirischer Studien im Feld Praktischer Theologie entstanden, die es vermögen, Religiosität in einer breiteren Differenzierung wahrzunehmen und zu beschreiben. Dadurch gelingt es, Religion als Phänomen, das über sich selbst hinausweist und nur zum Teil empirisch erfassbar ist, zu erforschen – ohne sie dem empirischen Zugriff ganz entziehen zu wollen. Dies bildet sich in übergeordneten Fragestellungen Praktischer Theologie und in Einzelstudien ab. Der Tenor religionspsychologischer wie theologischer Forschung legt nahe, sich nicht allein auf die positiven Funktionen von Religion im Rahmen von Ressourcen zu fokussieren, sondern für die negativen Aspekte offen zu bleiben. Weitgehend hat sich dabei der empirisch fundierte Konsens herausgebildet, „dass der Glaube an Gott […] ambivalente Funktionen hat. Er kann zu psychischer Entwicklung und Gesundheit beitragen, kann diese aber auch beeinträchtigen und behindern.“7 Diese Sichtweise spiegelt sich mehr oder weniger auch in theoretischen Seelsorgeansätzen. Obwohl in der Seelsorgepraxis und in diakonischen Zusammenhängen Kontakte zu pflegenden Angehörigen bestehen, Krankheit und Krisen in der Seelsorge ein zentrales Thema sind, mangelt es an diesbezüglichen Studien und Literatur. Dabei besteht ein nicht unerhebliches Bedürfnis nach fundierten Informationen und Forschung im pastoralen Bereich zu aktuellen Fragen der Psychologie.8 Auch im Bereich der Diakonie und Gesundheitsvorsorge spielt die Auseinandersetzung mit diesem Thema eine entscheidende Rolle. Die vorliegende Arbeit soll den Diskurs zum religiösen Coping aufgreifen und für die Praktische Theologie anschlussfähig machen, indem sie Religiosität von pflegenden Angehörigen anhand einer eigenen empirischen Studie identifiziert und diskutiert.
Wichtiger Motor jeglicher Religionsforschung ist dabei das Erkenntnisinteresse an religiösen Phänomenen und die Einsicht in deren Relevanz für theoretische Modellbildung sowie praktische Applikationen: „Wir wissen noch lange nicht so viel über jene Wirklichkeit, welche für die Poimenik wichtig ist, als das wir großzügig darauf verzichten könnten.“9 Aus diesem Interesse heraus versteht sich die vorliegende Forschung speziell dem Feld der Seelsorge als Grundlagenforschung verpflichtet. Dabei begegnet sie jedoch einer wesentlichen Herausforderung, die heute noch ebenso aktuell ist wie in den 1970er Jahren: „Jeder Versuch, moderne psychologische Erkenntnisse in die seelsorgerliche Theorie und Praxis einzubeziehen und diesen Vorgang theologisch zuzuordnen, ist von einer gehörigen Portion Geduld und Beharrlichkeit der an diesem Unternehmen Beteiligten abhängig.“10 Nicht nur die Längsschnittstudie bedurfte einer solchen Beharrlichkeit, auch der Dialog zwischen den Disziplinen hängt maßgeblich von Geduld und der Reflexion von gemeinsamen Grundlagen ab, wozu diese Arbeit einen Teil beitragen möchte.

1.3Der Aufbau der Arbeit

Die Arbeit ist in drei Hauptteile gegliedert.
Im Teil A werden die theoretischen Grundlagen der Arbeit in praktisch-theologischer und religionspsychologischer Hinsicht entfaltet. Dem liegt ein Verständnis Praktischer Theologie im Horizont empirischer Forschung zugrunde, das Verbindungslinien zu empirisch forschender Religionspsychologie erlaubt. Der Theorieteil A der Arbeit folgt einem Aufbau, der zunächst die Voraussetzungen und Herausforderungen des interdisziplinären Dialogs von Praktischer Theologie und Religionspsychologie benennt [2]. Anschli...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Dedication
  5. Vorwort
  6. Inhaltsverzeichnis
  7. Abbildungsverzeichnis
  8. Tabellenverzeichnis
  9. 1 Einleitung
  10. Teil A: Theoretische Grundlegung
  11. 2 Praktische Theologie im Dialog mit Religionspsychologie: Interdisziplinäre Perspektiven empirischer Religionsforschung
  12. 3 Religion und Religiosität: Begriffsbestimmungen innerhalb und zwischen den Disziplinen
  13. 4 Die Theorie religiösen Copings und die Seelsorgelehre: Belastungen, Ressourcen, Religion
  14. 5 Pflegende Ehepartner*innen: Gegenwärtiger Forschungsstand
  15. 6 Forschungsfragen und Forschungsziele
  16. Teil B: Methodik und Ergebnisse der empirischen Studie
  17. 7 Darstellung der Methodik
  18. 8 Beschreibung der Stichprobe
  19. 9 Ergebnisse der Studie
  20. 10 Fazit. Ambivalenz und Dynamik religiösen Copings
  21. Teil C: Diskussion der Ergebnisse aus theologischer und psychologischer Perspektive
  22. 11 Limitationen der Studie und kritische Rückfragen
  23. 12 Pflegende Ehepartner*innen und Religion: Interdisziplinäre Überlegungen
  24. 13 Überlegungen zum Religionsbegriff
  25. 14 Überlegungen zur religionspsychologischen Coping-Theorie
  26. 15 Überlegungen zur Seelsorgelehre
  27. 16 Wahrnehmung und Handlung, Praxis und Theorie: Ein praktischtheologischer Impuls
  28. Literaturverzeichnis
  29. Sachregister