Der Feuerlauf
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Der Feuerlauf

Roman

  1. 530 Seiten
  2. German
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Der Feuerlauf

Roman

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Ein schweres psychisches Trauma aus ihrer frühen Kindheit scheint Sanya, eine labile junge Frau aus dem Migrantenmilieu, auf die kriminelle Laufbahn gedrängt zu haben.Durch einen fingierten Selbstmordversuch entkommt sie einem neuerlichen Haftvollzug und durchlebt auf ihrer verzweifelten Suche nach dem Mörder ihrer einstigen Freundin und See­len­schwester Olivia eine dramatische Abfolge fantastischer und gefahrvoller innerer und äußerer Abenteuer.Doch welche schockierende, schicksalsverändernde Erkenntnis erwartet sie am Ende dieser selbstauferlegten Mutprobe? Der pralle und bunte Handlungsbogen dieses ebenso spannenden wie tiefgründigen Romans zieht die Leserschaft von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783864550539

Erster Teil

1. KAPITEL

Eigentlich sollte ich jetzt tot sein. (Kleiner Betriebsunfall hinter Gittern, wenn man so will.)
Aber ich lebe!
Bin mit einem Sprung auf dem Asphalt der Freiheit gelandet! Mitsamt meinem ungebüßten Sündenregister! Was für ein Sieg!
Fast hätte ich diesen meinen Triumph in die Welt hinausgeschrien! Wäre da nicht plötzlich dieses vertrackte Schwindelgefühl, das mir den Kürbis vernebelt! Mich um meine eigene Achse wirbelt! Mich unsanft auf den Hintern setzt!
Mit einiger Mühe stemme ich mich am Mauersockel hoch, taste meine bebenden Glieder ab. Alles in Ordnung? Scheint so. Nur dieses verdammte Eisengitter! Es hat meinen alten Blazer mit einem beachtlichen Riss markiert!
Nun aber Vorsicht! Nur keine verräterische Hast!
Langsam, in Zeitlupe, löse ich mich aus dem Schatten der Umzäunung, schiebe mich, Schritt für Schritt, unter den windzerwühlten Sträuchern vorwärts.
Doch der Boden unter meinen Sohlen brennt wie Feuer. Kein Wunder! Noch hab ich die Gesetzeshüter nicht vollends ausgetrickst. Noch bewege ich mich in ihrem Dunstkreis.
Ich zögere. Die Straße ist menschenleer, die Luft voll morgendlicher Aufbruchsstimmung. Mir aber schlottern noch immer die Knie.
Erst hinter der nächsten Quergasse komme ich allmählich in die Gänge. Durchmesse schließlich im Zickzackkurs unbekannte Häuserschluchten, versuche, schweißnass und mit dröhnender Pumpe, nach und nach meine Fährte zu verwischen.
Aber die Angst fegt jetzt als entfesselter Herbststurm umso gnadenloser hinter mir her! Zerrt mich an den Haaren! Peitscht mein Gestell in den dünnen Klamotten ziellos in eine neue, unbestimmte Zukunft hinein.
Denn noch ist dieser Himmel über mir zu weit! Noch denke ich in zu engen Grenzen! Noch bin ich nichts weiter als eine lädierte Strafgefangene auf der Flucht!
Die Verbände um meine Handgelenke sind verrutscht. Sie werden mich verraten! Also weg damit!
Im Laufschritt ziehe ich an den verräterischen Bandagen.
Die Wunden haben sich bereits verkrustet. Gut so! Aber ob sie bluten oder nicht: Die Weißkittel haben jedenfalls das Nachsehen! Und die Entscheidung über mein Leben liegt wieder bei mir.
Aufatmend schwenke ich in eine Seitengasse ein. Drücke mich, den Kürbis voll widersprüchlicher Gedanken, tiefer ins Laub eines verwilderten Vorgartens. Schließe erschöpft die Augen.
Da hab ich also eine große Nummer abgezogen heute Nacht. Schien tatsächlich so, als wollte ich ernsthaft abkratzen. Doch die Gesetzeshüter waren naturgemäß anderer Meinung. Haben, wie vorausgeplant, meinen grellen Abgang bravourös verhindert.
Dennoch frage ich mich, ob es nur ausgeklügelte Taktik war, die mich zu diesem riskanten Wagnis verleitete. Welche irrationale Hoffnung hat mich dazu verführt, eine Handvoll Tabletten zu schlucken? Mir die Pulsadern aufzuschlitzen? Vor aller Welt die Lebensmüde zu spielen? Theatralisch, plakativ, mit großer Geste und halbem Herzen, wie eine exaltierte Diva?
War das alles wirklich nur Verstellung?
Oder hab ich im Grunde nicht schon längst mein falsch gestartetes, vergeudetes, durch qualvolle, immer wiederkehrende Visionen vergiftetes Dasein abgeschrieben? Es für ungültig erklärt?
Doch was soll’s! Die akribisch vorausgeplante Automatik war nun einmal in Gang gesetzt. Und die zumeist renitente Haftinsassin landete unverzüglich an jenem sterilen Ort, der sie dem Leben oder besser, dem alten Ganovendasein wiedergeben sollte.
Alles lief nach Plan.
Die Weißkittel taten ihr Bestes. Und ich wurde ein neues Mal geboren.
Aber die Zeit tickte bereits in meinen Adern. Zwang mich mit zunehmender Lebenskraft zum Handeln.
Ich machte mir freilich keine allzu großen Illusionen.
Ein Ausbruch, selbst aus einer allgemein zugänglichen Medizinhochburg, ist keine Kleinigkeit.
Vor allem gilt es, den einen, einzig richtigen Augenblick der Unachtsamkeit seiner Bewacher zu nutzen.
Beim Abwärtssprint über den Treppentrakt denkst du zunächst an gar nichts. Erst, wenn es dir gelingt, unerkannt einen Nebenausgang zu passieren, im Eiltempo und ohne die geringste Aufmerksamkeit zu erregen, durch die Gartenanlage hart am Gitter entlang zu pirschen, in einem unbeobachteten Moment die luftige Barriere zu überklettern – selbst wenn dir aller Bammel der Welt in den Gliedern sitzt und dich zittern macht – darfst du es ernstlich wagen, an dein Glück zu glauben.
Also lassen deine Hände los! Und du springst in eine noch unbekannte Welt ohne Schranken, die du dir in deinen Träumen längst selbst erschaffen hast!
Nun noch ein paar lässig hingesetzte Schritte über offenes Terrain! Schon die nächste Quergasse wird dich verschlucken!
Geschafft!
Und jetzt losgelegt! Fort aus der Bannmeile der Bewacher und Weißkittel!
Erneut setze ich mich in Bewegung, durchmesse zielstrebig diesen schicksalsschweren Morgen, lasse alle Selbstzweifel hinter mir zurück.
Nur von Zeit zu Zeit bleibe ich für einen Augenblick stehen, schaue mich mit flüchtigem Bedauern um.
Offenbar hab ich mehr als einen kurzen prallen Sommer hinter den Mauern der Schande verbracht!
In den Schaufenstern der Modetempel ist längst der Winter angekommen: Schwarz, Grau, Braun. Was für ermutigende Farben!
Aber hier! Diese helle, luftige Stofflichkeit in dieser Wühlkiste da! Sie weckt prompt, wie einst in den aufmüpfigen Jahren meiner Kindheit, meine Begehrlichkeit.
Spielerisch, aus purer Gewohnheit, greife ich im Vorübergehen nach diesem pinkfarbenen, flauschigen Top. Spüre seine zärtliche Farbe bereits wie ein Aufatmen auf meiner Haut. Lasse meine Blicke unauffällig in die Runde schweifen.
Gleichgültige Gesichter überall.
Okay! Dann also los!
Automatisch reagieren meine geübten, trotz erzwungener Pause und schmerzenden Handgelenken immer noch ganz brauchbaren Finger. Das zarte Gebilde verschwindet unter ihrem Zugriff.
Doch aufgepasst! Rasch die Stirn gesenkt!
Diese Physiognomie dort drüben! Kenne ich sie nicht von irgendwoher?!
Falscher Alarm! Ohne Hast wende ich mich ab.
Nur weiter jetzt! Und keine Mutproben mehr!
Aufgescheucht falle ich wieder in meinen gehetzten Trott.
Aber wo ist der forsche Schritt des einstigen, ausgeflippten Heimzöglings geblieben? Diese köstliche Unbekümmertheit, die mich stets zügig aus einem gefährlichen und verbotenen Stillstand davongetragen hatte, weiter, immer weiter, bis hinein in meine angestammte Ruhelosigkeit?
Der Takt meiner Füße ist unsicherer denn je, schwingt nicht mehr aus den Hüften.
Noch ein letzter Blick über die Schulter: Tatsächlich! Schwein gehabt! Niemand ist mir auf den Fersen.
Doch dieses Stadtviertel ist zu gefährlich für mich. Mehr noch! Diese gesamte, bei aller Ausdehnung überschaubare Metropole mit ihrer durchlöcherten Anonymität wird mir früher oder später wieder zur Falle werden!
Ich sollte mich schleunigst aus ihr trollen!
Mein Plan für die nächste Zukunft ist zwar nur grob skizziert, angesiedelt zwischen Illusion und Wirklichkeit, mein unmittelbares Ziel jedoch halbwegs festgelegt: Eine einstige Zellengenossin, abgebrüht, verlässlich, verschwiegen, wird mich an einem bestimmten Ort im nördlich der Stadt gelegenen Industriegelände mit dem Notwendigsten, das ich zum Untertauchen brauche, erwarten.
Alles Weitere wird sich finden.
Zügig durchmesse ich die öden Straßenzüge, schiebe mich, ein grauer Schatten, durch die allmählich mit flanierendem Leben erfüllten Geschäftszeilen, unterdrücke Anfechtungen, Ängste und Schmerzen, bin nichts weiter als ein in Marsch gesetzter Wille.
Verdammt weit erscheint mir heute der Weg bis zur SBahn-Station.
Meine Knie wanken. Meine Füße stolpern über die Fahrbahn. Tragen mich ein Stück weit die Häuserzeile entlang.
Ein neuerlicher Schwindelanfall wirft mich plötzlich gegen eine Haustornische. Mit aller Kraft stoße ich mich von der kühlen Mauer ab.
Nur nicht stehen bleiben! Schon legt sich der Schatten des sterilen Medizinbunkers wieder besitzergreifend über mich!
Nach zwei Schritten taumle ich erneut gegen diese Mauer. Ein sich immer schneller drehender Kreisel stürzt auf mich ein, schleudert mich herum, macht mich blind.
Jäh sacke ich in mich zusammen. Hocke eine Weile, mit angezogenen Beinen und baumelndem Kürbis in der Einfahrt.
Übelkeit steigt in mir auf. Speichel rinnt aus meinem Mund.
Verflucht! Die Tabletten! Hab ich diese tödliche Fluchtversicherung nicht restlos ausgekotzt?!
Mit aller Kraft versuche ich, wieder hochzukommen. Aber meine Glieder sind aus Watte, meine Hände greifen ins Leere.
Erschöpft halte ich inne.
Ein kleiner Schwächeanfall! Das geht vorüber!
Verzweifelt schalte ich auf stur. Gebe mir stereotype Instruktionen ein: Tief einatmen! Ausatmen! Kräfte sammeln!
Doch wie auf Kommando drängt sich die dramatische Bilderfolge dieses tollkühnen Ausbruchs noch einmal in mein verschwimmendes Bewusstsein: Die Zelle! Das zerwühlte Bett! Die Aufpasser! Die Weißkittel! Das Blut! Das Erbrochene! Die verwüstete Landschaft meiner Seele!
Mit einem Ruck reiße ich mich hoch!
Es war nur ein Sprung über eine unüberwindlich erscheinende Hürde! Eine kurze Hetzjagd durch den Sturm! Noch bin ich auf dem Weg! Einem unbekannten Ziel entgegen! Ich muss weiter!
Nach zwei, drei Schritten aber gebe ich von Neuem auf. Gehe ruckweise wieder zu Boden. Mein Rücken schürft über das grobe Mauerwerk. In meinem Kopf ist kein Platz mehr für gezielte Strategien.
Dunkelheit beginnt mich einzuhüllen, nimmt mich mitsamt meinem Ausbruch endgültig aus der Zielgeraden.

2. KAPITEL

Undeutliche Stimmen und Geräusche wehen an mir vorbei. Dringen in mich ein. Rütteln an meiner Benommenheit.
Tritte stampfen durch meine Schlaftrunkenheit. Verzweifelt versuche ich, ihnen zu entgehen. Nehme mich krampfhaft aus dem Geschehen.
Das hier bin nicht ich! Das hier ist nur der flüchtige Entwurf eines meiner verirrten Gedanken! Er gaukelt mein physisches Vorhandensein vor!
Tapfer kämpfe ich gegen sie an. Irgendwann aber öffnen sich wie unter einem inneren Zwang meine Augen.
Das kaffeebraune Antlitz eines Mädchens schiebt sich in mein Gesichtsfeld. Dieser leuchtende, bernsteinfarbene Blick! Er scheint die vergessene Welt meiner Kindheit widerzuspiegeln. Ihre stille, unergründliche Traurigk...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Teil 1
  5. Teil 2
  6. Teil 3
  7. Teil 4
  8. Teil 5
  9. Teil 6