Der Arbeitskraftunternehmer
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Der Arbeitskraftunternehmer

Arbeit im Zeichen ihrer Kritik

  1. 18 Seiten
  2. German
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Der Arbeitskraftunternehmer

Arbeit im Zeichen ihrer Kritik

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Eine furiose Dekonstruktion des "Arbeitskraftunternehmers" von Dirk Baecker. Der Autor nimmt den denunziatorischen Gehalt von "Arbeit" und "Unternehmer" auf, um diese beiden Seiten ganz neu zu ordnen und als eine Kippfigur darzustellen, die weder für Moral noch für Kritik taugt, aber Moral und Kritik anzieht.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783867744157
Dirk Baecker
Der Arbeitskraftunternehmer
Arbeit im Zeichen ihrer Kritik
Die Kritik
Der Arbeitskraftunternehmer, das klingt nach einer doppelten Denunziation. Erstens werden hier Arbeiter und Arbeiterin auf jene abstrakte Arbeitskraft reduziert, die das Kennzeichen eines unmenschlichen, weil um die konkreten Umstände unbekümmerten Kapitalismus ist, wie ihn Karl Marx beschrieben hat. Und zweitens wird dieser abstrakten Arbeitskraft zugemutet, auf den Märkten dieses Kapitalismus unternehmerisch tätig zu werden, das heißt, sich nicht etwa an Fragen der menschlichen Selbstverwirklichung zu orientieren, um der Abstraktion wieder in die Konkretion des Lebens zu entkommen, sondern den Vorgaben der Gewinnaussichten dort zu folgen, wo die ungewissen Launen der Mitmenschen sie zu bieten scheinen. Der Arbeitskraftunternehmer ist die Kombination von Ausbeutung und Profitgier, die den Tiefpunkt jenes neoliberalen Gesellschaftsmodells markiert, auf das der Kapitalismus sich alternativlos reduzieren lässt, seit ihm keine Aussicht auf den Sozialismus mehr widerspricht. Der Mensch als Ameise. Wir können von Glück sagen, dass uns die marxistische Kritik des Kapitalismus zwar keine Revolution zugunsten einer wahrhaft menschlichen Gesellschaft mehr in Aussicht stellen kann, aber immerhin noch einen Begriffsapparat zur Verfügung stellt, der es uns erlaubt, die Dinge beim Namen zu nennen.
Ich halte diese Beschreibung für notwendig. Sie versorgt eine gesellschaftliche Ordnung mit ihrer Negation und macht sie damit reflexionsfähig. Sie erlaubt es dem Arbeiter und der Arbeiterin, die Abstraktionen zu durchschauen, die sich in ihr Leben schieben und es mit einer Gesellschaft verknüpfen, die als Macht dieser Abstraktion auf einen ersten Begriff gebracht werden kann. Sie ist der Ausgangspunkt der Kritik einer politischen Ökonomie, die diese Gesellschaft nicht nur bewirtschaftet, sondern politisch zugunsten dieser Bewirtschaftung auch ordnet. Karl Marx ist nach wie vor als jener Autor zu würdigen, dem es gelang, »die Gesellschaft« hinter der scheinbaren Naturordnung der Auseinandersetzung mit der Knappheit der Verhältnisse zu identifizieren und jedes denkbare Argument der Rechtfertigung dieser Naturordnung mit den Mitteln der Ideologiekritik zu untersuchen. Erst seit Marx wissen wir, dass Knappheit mit den Mitteln der Eigentumsrechte geschaffen werden muss, bevor dann mit knappen Gütern und Dienstleistungen auch gehandelt werden kann. Die Eigentumsrechte der einen definieren die Bedürfnisse der anderen. Und erst seit Marx wissen wir, dass es der Ausschluss vom Besitz der Produktionsmittel ist, der es erlaubt, die Produktionsverhältnisse zu ordnen und die Produktivkräfte zu entwickeln. Hätte jeder alles, hätten alle nichts. Ein negatives Prinzip ordnet positiv jene Verhältnisse, die der Kritiker dann freilich nicht mehr geneigt ist, positiv zu nennen.
Die Interaktion
Andererseits. Andererseits ist die Arbeit Interaktion. Sie verbindet mich in den Sachen mit den Sachen. Sie verbindet mich in der Zeit mit der Zeit. Und sie verbindet mich unter den Leuten mit den Leuten. Wie bereits Jürgen Habermas in seiner Hegel-Lektüre gezeigt hat1, steht die Arbeit zwar immer auch in einem gewissen Gegensatz zur wahrhaft geselligen Interaktion, ist jedoch gleichzeitig die Voraussetzung und das Medium für die Möglichkeit der Befreiung des Menschen von der bloßen Begierde, indem er lernt, sich mit den Dingen auseinanderzusetzen.
Diese Idee kann man erweitern, und niemand hat sie erfolgreicher erweitert als Gary S. Becker, der als Ökonom und Soziologe Interaktionsmodelle nicht nur der Arbeit, sondern auch des Konsums, der Produktion, des Umgangs mit Zeit und letztlich sogar des Umgangs mit Interaktion, des Aufwands und Nutzen des Umgangs mit den Mitmenschen, entworfen hat.2 Becker gilt nicht zu Unrecht als Chefideologe des Neoliberalismus. Kaum jemand, Milton Friedman vielleicht ausgenommen, wendet sich schärfer gegen staatliche Eingriffe in wirtschaftliche Prozesse, wenn wirtschaftliche Prozesse effizientere Lösungen versprechen als diese Eingriffe (und plädiert für diese Eingriffe, wenn dies nicht der Fall ist).
Zugleich jedoch geht er mit derselben Schärfe wie Marx der Frage nach, welche sozialen Verhältnisse welche ökonomischen Entscheidungen begründen. Niemandem ist es eleganter gelungen, eine scheinbar harmlose Konsumentscheidung eines Haushalts oder eine alles andere als harmlose Produktionsentscheidung eines Unternehmens auf Nutzenerwägungen zurückzurechnen, die nicht nur Bedürfnisbefriedigung und Gewinn, sondern auch die bisherigen Erfahrungen und Kompetenzen im Umgang mit der Welt, die Vernetzung mit Leuten, mit denen man etwas zu tun haben möchte (und sich auskennt), und die Abgrenzung von Leuten, denen man aus dem Weg gehen möchte (gleichgültig, ob man sich mit ihnen auskennt oder nicht), die Einschätzung von Zeitgewinn und Zeitverlust, ja sogar die Erwartung der Länge des eigenen Lebens in einem einzigen Modell berücksichtigt. Es sollte zu denken geben, dass Ökonomen wie Soziologen um dieses Modell einen großen Bogen machen, Nobelpreis hin, Nobelpreis her (1992). Beckers Produktionsfunktion des Konsums ist nicht der Gipfelpunkt des wirtschaftswissenschaftlichen Imperialismus und auch nicht der Tiefpunkt kaltherziger Kosten- und Nutzenrechnung, sondern eines der schlankesten Modelle der Beschreibung und Erklärung menschlichen Verhaltens, die wir haben. Nur wer sich nicht traut, etwas über sich und seine Mitmenschen zu erfahren, sollte die Finger von diesem Modell lassen.
Der Arbeitskraftunternehmer wird in Beckers Modell zum Produzenten und Konsumenten eines Humankapitals, das nicht nur ökonomische Kapitalverwertung, sondern auch Orientierung in den Verhältnissen, Kompetenz in der Auseinandersetzung mit den Sachen, Fertigkeit und Geschicklichkeit im Umgang mit den Leuten und Zeitmanagement umfasst, jene seltene Fähigkeit, Rhythmus und Tempo, Zeitdruck und Zeitnachlass ins jeweils passende Maß zu bringen. Der Arbeitskraftunternehmer wird in diesem Modell zu jemandem, der sich unternimmt, und dies nicht (nur), um sich den Verhältnissen auszuliefern, sondern (auch), um sich diese Verhältnisse zu eigen zu machen. Der schlechte Ruf, den das Humankapital als Unwort des Jahres 2005 (so entschieden von einer Jury der Frankfurter Goethe-Universität) genießt, bezieht sich auf das Missverständnis, dass ein Kapital nur monetäre Dimensionen enthält und daher immer zu Markte getragen werden muss. Kapital ist jedoch mehr als das. Kapital ist ein Kalkül von Erfahrungen im Umgang mit einer Gegenwart im Hinblick auf ein zukünftiges Vermögen: ein Zeitkalkül, das sich an den Dingen und unter den Leuten bewähren muss, ein Sozialkalkül, das mit Zeithorizonten und Sachkompetenzen rechnet, und nicht zuletzt ein Sachkalkül, das mit Gesellschaft, Geschichte und Erwartung rechnet. Verwickelter geht es nicht, doch mit jeder alltäglichen Entscheidung bestätigen und beherrschen wir eine Verwicklung, die selbstverständlich die Sparsamkeit ebenso kennt wie die Großzügigkeit, die Eile ebenso wie die Weile, das Beharren auf der Erfahrung ebenso wie das Ausprobieren des Neuen.
Adam Smith hat dieser Begriff noch gefehlt. Daher würde es sich lohnen, seine Theory of Moral Sentiments (1759) zusammen mit der scheinbar daz...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Verlag
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