Endlich Ruhe!
eBook - ePub

Endlich Ruhe!

Als Lord Byron sich nicht schämen wollte

  1. 18 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Endlich Ruhe!

Als Lord Byron sich nicht schämen wollte

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

"Wer uns und unsere tiefen und untiefen Gründe kennt, kann über uns bestimmen." Ein Essay über die Bedeutung von Privatsphäre und wie der gefeierte Dichter Lord Byron eines der ersten Opfer des Verschwindens von Privatheit in einer Mediengesellschaft wurde. Georg von Wallwitz zieht die Verbindung zwischen Privatheit und Freiheit und stellt die Prämisse auf, dass Privatsphäre ganz wesentlich eine finanzielle Frage ist. Er untersucht das Konzept der Privatheit im Laufe der Geschichte unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen wie Internet, Google und Facebook.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Endlich Ruhe! von Georg von Wallwitz im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Business & Comunicazione aziendale. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2014
ISBN
9783867743617
Georg von Wallwitz
Endlich Ruhe!
Als Lord Byron sich nicht schämen wollte
Das Schreiben von Essays ist eine sehr private Angelegenheit, betont Montaigne immer wieder. Der Essayist stellt den Menschen in all seinen Facetten dar, in seinen Vorlieben und Abneigungen, in seinen Eitelkeiten und Niedrigkeiten, in seinem Heroismus und seiner Banalität. Auch wenn er nicht über Tugenden schreibt, sondern über Dinge oder Geschichten, geht es dabei stets um die Beziehung des Menschen zu diesen im Speziellen und um die condition humaine im Allgemeinen. Wiederholt beklagt Montaigne, dass er in seinen Schriften gerne noch offenherziger gewesen wäre, was die Regeln des Anstands aber, zu seinem Bedauern, unmöglich machten. Das Thema des Essays ist, so lässt es sich verkürzend dem Schöpfer des Genres in den Mund legen, der Mensch – ein schwer zu fassendes, wenig standhaftes Wesen in einer schwankenden Welt, das, in seiner Veränderlichkeit eingefangen, kategorisiert, charakterisiert, vermessen, gewogen und skizziert werden soll.
Nichts und niemanden kennen wir so genau wie uns selbst, und wenn wir uns selbst nicht gut kennen, dann ist es mit dem Verstehen unserer Mitmenschen meist auch nicht weit her. Das ist die Prämisse, unter der Montaigne seine Essays schreibt. Also bleibt dem Essayisten wenig anderes, als die condition humaine an sich selbst erscheinen zu lassen, und so dröselt Montaigne mit jedem neuen Versuch seine Privatsphäre vor einer staunenden literarischen Welt weiter auf. Er ist kein Freund der abstrakten Formeln der Moralphilosophie und beschreibt, so konkret es nur geht, wie es sich mit dem Menschsein verhält – was nichts anderes bedeutet, als dass er möglichst realistisch und anschaulich (und soweit moralisch möglich) über sich und seine eigenen Zustände erzählt.
Essays sind damit immer eine private Angelegenheit. Und ein Essay über die Privatheit ist es in doppelter Weise. Es lässt sich kaum über eine andere Privatheit schreiben als die eigene, wenn es nicht akademisch abstrakt, sondern konkret historisch werden soll. Die einzige Maske, die sich bietet, ist die der biografischen Notiz. So begebe ich mich auf die slippery slope dieses Textes.
Die Privatsphäre wird meist in Zeiten ein Thema, in denen die Konventionen gering geachtet werden. Konventionen bezeichnen Grenzen, entstanden aus Pflichten und Selbstverständlichkeiten, die irgendwann bedrückend geworden sind und abgeschüttelt werden müssen, die aber auch Privates abschirmen und in dieser Funktion erst vermisst werden, sobald sie untergegangen sind.
Selten ist mit größerer Wonne gegen Konventionen verstoßen worden als in der Zeit um 1800. Das ging in Frankreich los mit anstößigen Pamphleten, in denen das angeblich ausschweifende Geschlechtsleben der Königin reich bebildert wurde. Es ging weiter mit der bald offen gestellten Frage, warum der Dritte Stand so wenig Ansehen und Mitsprache hat. Und es machte in Frankreich, bei den französischen Verhältnissen, nicht halt. In der Revolutionszeit hatten nicht nur viele Regierungen große Not, das Volk von ihrer legitimen Herrschaft zu überzeugen, es stand auch das Bürgertum in Angst, neben den Werten des Adels (vielleicht Name, Verantwortung, Treue, Ehre, Frömmigkeit) könnten auch die eigenen (wahrscheinlich Fleiß, Effizienz, Besitz, Bildung) in das Mahlwerk der Revolution geraten.
Große Teile der jungen Generation, auch außerhalb Frankreichs, genossen die Hilflosigkeit der Konservativen restlos, jedenfalls bis die Revolution in den Terror abglitt. Ihr in vieler Hinsicht wichtigster Exponent war Lord Byron, der sich nicht scheute, die Revolution in jeder ihrer Phasen zu bewundern, und der Napoleon auch dann noch zu seinen Helden zählte, als dieser mit England im Krieg lag. Byron war kein Revolutionär im landläufigen Sinn, dazu hatte er zu wenige Illusionen über das Volk, sondern er war in erster Linie Dichter. Er wollte die bestehenden Verhältnisse nicht grundsätzlich verändern, er hatte in Politik und Moral eine pure, interesselose Lust am Unanständigen, welches wohl eine Steigerungsform des Unkonventionellen ist.
Viel wurde über Byrons Liebesleben geschrieben, hinreißend und schmutzig, wie es war. Er sah gut aus, war schon in jungen Jahren ein berühmter Dichter, galt als vermögend und führte durch den frühen Tod seines Vaters schon als Jugendlicher einen der berühmtesten Namen und Titel des Landes. Byron liebte den großen theatralischen Auftritt und kleidete sich gern in Fantasieuniformen. Die große Geste, poetisch wie modisch, beeindruckte seine Zeitgenossen. Früh hatte er überwältigenden Erfolg mit seinen traurigschönen Texten, voll tiefer Gefühle, für die es auf dieser Welt keinen Platz gibt. Viele Damen der Gesellschaft wandten sich mit Briefen an ihn, in denen sie ihm ihre eigenen, ebenfalls traurigschönen Schicksale entdeckten und um ein Treffen baten. Byron sagte nicht immer Nein. »Von frühester Gewöhnung an«, schrieb er im Jahr 1812 an seine ältere enge Freundin Lady Melbourne, »muss man Liebe so mechanisch machen, wie man schwimmt; einst hatte ich beides ganz gerne, aber heute schwimme ich nur noch, wenn ich ins Wasser falle, und Liebe mache ich beinahe nur noch aus Pflicht.«
Das Theater, das er aus seinem Leben machte, diente Byron in erster Linie dazu, seine Geheimnisse und Ängste von der Oberfläche verschwinden zu lassen. Deren erstes war sein Klumpfuß, der ihn im Internat in Harrow zu einem Außenseiter machte, wo die Jungs sich in den unteren Jahrgängen gerne balgten und sportlich aneinander maßen, bis sie in der Pubertät feststellten, dass man auch poetischer miteinander umgehen konnte. Seinem Tutor war die schlechte Behandlung durch seine Altersgenossen nicht entgangen, und er fand Worte des Bedauerns für Byron: »Es ist mir unangenehm, My Lord, Sie in solchem Schmerz hier sitzen zu sehen, denn ich weiß, dass Sie leiden müssen.« Worauf Byron antwortete: »Nichts für ungut, Sie werden an mir keinen Hinweis darauf wahrnehmen.« Konnte er den Klumpfuß schon nicht verbergen, so wollte er wenigstens seine Gefühle für sich behalten.
Byron wird über Nacht berühmt (»I woke up one morning and found myself famous«) durch Childe Harold’s Pilgrimage, eine Verserzählung, die im Wesentlichen von ihm selbst handelt, von einem jungen Aristokraten auf einer Reise durch Lateineuropa und das Osmanische Reich, der gesellschaftlich isoliert ist und sich durch Ausschweifungen aller Art ein dunkles Geheimnis schafft, welches ihn noch einsamer werden lässt. Byrons Texte handeln von Rebellion und unnennbaren Leidenschaften, die am Ende in einen grenzenlosen Weltschmerz münden, in eine Sehnsucht nach Frieden mit sich selbst. Das große Geheimnis, welches es zu bewahren gilt, ist dabei letztlich eine Frage der Freiheit: Wer uns und unsere tiefen und untiefen Gründe kennt, kann über uns bestimmen. Daher kann nur fremdbestimmt sein, wer keine Geheimnisse hat, und es kann nur selbstbestimmt sein, wer sich in seinen Untiefen erkannt hat. Das gesellschaftliche Stigma, welches mit dem großen Geheimnis einhergeht, ist bei Byron eine der Wurzeln der Freiheit und die Privatsphäre deren Schutz. Damit wird die Überschreitung von Grenzen, die Verletzung der Konventionen, zur Bedingung für ein eigenständiges freies Leben – auch wenn der Preis dafür die Einsamkeit ist.
Seine jungen Jahre verbrachte Byron damit, sich Geheimnisse und damit eine Privatsphäre anzuschaffen, deren Wert er aber nur in der Öffentlichkeit abschätzen konnte. Ruhm war für ihn ein Mittel, die Grenzen seiner Privatsphäre abzutasten, denn als Berühmtheit konnte er feststellen, was er vor der W...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Verlag
  3. Benutzerhinweise
  4. Georg von Wallwitz
  5. Über den Autor
  6. Impressum