Rosenstengel
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Rosenstengel

Ein Manuskript aus dem Umfeld Ludwigs II.

  1. 400 Seiten
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Rosenstengel

Ein Manuskript aus dem Umfeld Ludwigs II.

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Als der bayerische Märchenkönig Ludwig II. durch den Arzt Franz Carl Müller zufällig von dem delikaten Fall des Anastasius Rosenstengel erfährt, lässt ihn dessen eigentümliches Schicksal nicht mehr los. Er drängt den Mediziner, ihn in seine Recherchen einzuweihen, die Unglaubliches zutage fördern: Rosenstengel zog als Prophet umher, kämpfte als Musketier im Spanischen Erbfolgekrieg und heiratete mit kirchlichem Segen, um schließlich der Maskerade überführt zu werden – einer Maskerade, die alle Grenzen überschreitet. Denn Rosenstengel war in Wahrheit ein Weibsbild mit Namen Catharina Linck. Nachdem man auch noch eine "lederne Wurst" in ihrer Hose entdeckte, mit der sie die Ehe vollzogen und "unterschiedliche Wittwen caressiret" hatte, führte man sie 1721 dem Henker vor. Jedes Detail, das sich der faszinierte Monarch während nächtlicher Schlittenfahrten, in der Venusgrotte von Schloss Linderhof oder im tropischen Wintergarten der Münchner Residenz berichten lässt, bringt den jungen Arzt und den einsamen König einander näher, bald geraten beide in einen Strudel tiefer Verwirrung: Wo verläuft die Grenze zwischen wissenschaftlicher Leidenschaft und verbotenem Begehren, Täuschung und Wahrheit, Perversion und Normalität, Mann und Weib, König und Untertan?Die emotionale Verunsicherung steigert sich im Angesicht höfischer Intrigen zur ernsthaften Gefahr, und Müller steht vor der Entscheidung, den König entmündigen zu lassen – oder ihn vor den Verschwörern zu retten.Mal zärtlich, mal deftig entwirft Angela Steidele einen atemberaubenden historischen Briefroman über Trug, Wahn, Leidenschaft und Irrsinn. Und über die Frage, wie viel Liebe das Leben und wie viele Leben die Liebe fassen kann.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783957571953

QUELLEN

[1] Die Lutherische Gemeinde in Köln an August Hermann Francke

Cölln, 20. Octobris 1711
Hochehrwürdiger Hochgeehrter
Insonders Hochgelehrter Herr Professor Francke
In Christo unserm getreuen Heiland sehr werther Lehrherr
Empfangen Hochehrwürden den hätzlischen Gruß unserer kleinen Lutherischen Gemeinde aus Cölln am Rhein, welcher Gott der Herr beliebet schwere Prüfungen auffzuerlegen. Da allhier der evangelische Gottesdienst strenge verboten, sind wir gezwungen, gantz geheim uns zu versammlen und entbehren bitterlich eines Pfarrherrn in unserer Mitten. Haben dahero beschlossen, Hochwürden von Ferne um Rath zu bitten, wie mit dem Trüppche Gottesfürchtiger und begeisterter Diener des Herrn zu verfahren, welche vor etlichen Wochen bettelnd und betend hier eingezogen und himmlischen Segen über uns ausgegossen, aber auch greulich Zwist zwischen uns gesäet.
Besagte Frembdlinge, vier Mannslück und drey Wiever, leben in tieffster Armuth, nähren sich nur von Almosen, weshalb sie gar oft der Hunger zwickt, und laden zu allerhand christlichen Versammlungen. Derselben Vorsteherin heißet Eva Langin, welche, ovschüns ein Weib, mit solch Inbrunst und Feuer betet, daß sie auch die ärchsten Zweiffler mitreißet. Als denn nun am dritten Tage nach deren Ankunfft eine große Stube voll Leute unsrer Gemeinde beysammen waren, trieben die liebreichen Vermahnungen der Langin derer Hertzen so in die Enge, daß sie manche Thränen vergoßen und gern und willig Sünden bekannten, welche sie zuvor lang entschuldiget und verläugnet. Da geschahe denn ein groß Wunder mitten unter uns. Ein bartlos Jüngelche von schöner Leibes Statur, Names Anastasius Rosenstengel, welcher mit der Langin zu uns kommen, ergreifft die Krafft des Geistes und verfällt derselbe in eine Entzückung.
Diese Außsprache vom Heiligen Geist geschahe also: Währendem Gebet klappet besagter Rosenstengel die Augendeckel auff und zu, schlucket und schmatzet, wieget den Kopf und stößet mit demselben gegen die Wand, stampfet mit dem Hingerdeil auf dem Stuhle und wältzet sich zuletzt auf der Erden, daß etliche von ihm weichen, andre ihm zu Hülffe eilen, wann nicht Eva Langin dieselben zurückgehalten. Darauff stehet Bruder Rosenstengel auff und spricht wie zu sich sälvs: »Herr, schließe mich auff, sage du Herr Jehowa die Worte.« Er haltet inne und lauschet. Sodann: »Er – er kommt.« Silentium. »So höret denn das Wort des Herrn, des dreymal-heiligen Gottes, welches Er jetzo verkündigen lässet! – Es kommet daher ein Ungewitter von Mitternacht. Weh, Weh, Weh dieser Stadt! Ja, Ja, Ja! die Verwüstung ist schon angeschrieben, und der Tag derselben schon benamset. An diesem Tag werden alle Brunnen der großen Tiefe aufbrechen und die Fenster des Himmels werden sich aufthun und ein Regen auf Erden kommen, wie er noch nie bezeuget und wird einen großen König ersäuffen. Wer sich aber abkehret von der Babylonischen Hur, dem will ich geben einen weißen Stein; auf dem Stein stehet aber ein neuer Name geschrieben, welchen niemand kennet als der ihn empfängt. Und ich werde seinen Namen nicht außtilgen aus dem Buch des Lebens. Ich, der Gott Jehowa, hat sich zu diesen Zeiten offenbahret, hat es geredet.« Darauff Rosenstengel allmählich wie aus einer tieffen Ohnmacht erwachet und mit englischem Lächeln fraget, was der Geist durch ihn gesprochen?
Die Worte, so ihr Fründ ausgeredet, sind von der Langin, welche geschwind Zeddelche und Bleystifft hervorgezogen, treulich nachgeschrieben worden, wie sie aus seinem Munde gefloßen. Alle Miversammleten sperrten Maul und Nase auff und verwundreten sich gar sehr, bis die Langin expliciret, der Heilige Geist habe durch Rosenstengel gesprochen und dem Hillije Cölle gefluchet, gleichwohl aber denen das ewige Leben versprochen, so wider den papistischen Sündenpfuhl. Wer jener König sey, wußte die Langin zwar auch nicht zu sagen, doch erklärete sie bestimmt, daß der Geist unsere Gemeinde gesegnet. Darauff erhelleten sich die Angesichter aller und wurde niemahlen das »Lob Gott« fröhlicher angestimmet.
Zeithero fließen die Hertzen und Lippen über in unserer kleinen Gemeinde und hat das Trüppche viel Segen unter uns gespendet. Wie wir nunmehro traut miteinander leben, verzällen die Langin und Consorten von ihrer weiten Bußreise, welche sie nebst vielen andern Orten auch nach Halle an der Saale Strand geführet, weshalb wir HochEhrwürden fragen wollen, ob dieselben Demselben in persona bekannt? Und ob das Trüppche daselbst ähnliche Wunder bewirket wie allhier, und ob Hochehrwürden solche billiget? Besagter Rosenstengel hat sich auff dem so genanndten Stroh-Hofe vor Halle dem Trüppche angeschlossen. Ob er von dort gebürtig, verschweiget er und spricht lieber von seiner geistlichen Wiedergeburt, welche auf der Bußreisen geschehen und zwar in Nürnberg, allwo sie vergeblich versuchet, den prophetischen Peruckenmacher Johann Tennhardt aus dem Loch zu befreyen. Ist dorten dann besagter Rosenstengel noch einmal getauffet worden, indem er vor einem großen herbeigelauffenen Hauffen von der Langin tieff ins Wasser der Pegnitz geführet und mit den Worten »Jehova Almajo Almejo« gantz untergetauchet worden. Gleich danach gab ihm die Langin ein zesamme gerolltes Zeddelche zu verschlucken, wobey sie die Worte »Jehova Almajo Almejo« nochmahls repetiret, ihm auch die Hände kreutzweis auf den Kopf geleget.
Diese Tauffe aber rufet in unsrer Gemeinde verschiedentlich Entsetzen hervor, wegen der Münsterischen Wiedertäuffer und weil es verboten, das Sacramentum der Tauffe zu widderholen, noch dazu durch ein Weib. Wollen dahero Hochwürden sorgsamst fragen, ob die abermalige Tauffe thatsächlich nöthig, weil ohne sie die Außsprache des Hl. Geistes nicht käme, wie Rosenstengel und die Langin sagen. Ueber diese Frage hat unsere Gemeinde zu disputiren anfangen und ist zerstöcklet in die, welche zu Rosenstengel halten, und jene, welche argwöhnen, derselbe verstellet sich und es sey Frevel, Betrug und Hokuspokus; haben auch schon die geringen Havsillichkeyten desselben heimlich nach Quackerpulver durchsuchet, aber nichts funden.
Wie Paulus die Römer und Corinther aus der Ferne im Glauben gestärcket, so erhoffen wir von Euer Hochwürden ein Rathbrief lein, wie mit dem Trüppche zu verfahren, wie die zweite Tauffe Rosenstengels und seine Außsprachen zu beurtheilen und wie Zwist, Zweiffel und große Glaubensnoth in unserer kleinen Gemeinde zu beheben.
Dem Hochgelehrten Herrn Professor ergebenste und treueste Diener
Conrad Elias Much und Jakob Heinrich Engelskirchen
Vorsteher und Ältester der Lutherischen Gemeinde zu Cölln
Den Brieff beschweren mit einem Thaler vor das Hällische Waysenhaus, von dessen Gedeihen wir gleichfalls neue Zeitung erbitten zur Stärckung im Glauben.

[2] Franz Carl Müller an Paul Julius Westphal

Fürstenried, 23. Oktober 1884
Hochverehrter Herr Professor!
Zu Ihrer Freude darf ich Ihnen vermelden, daß es ein gutes Ende mit mir genommen hat! Stellen Sie sich vor, seit drei Wochen bin ich »Prinzenarzt«, d.h. Leibarzt Seiner Königlichen Hoheit Prinz Otto von Bayern, des Bruders Seiner Majestät des Königs. Er leidet in hohem Grade an nervösen Erscheinungen verbunden mit Sinnestäuschungen, Wahnvorstellungen und Zwangsbewegungen. Es hat einiger Überzeugungskraft von Seiten Prof. Guddens bedurft, mich zur Annahme dieser Stelle zu bewegen. Sie wissen ja, wie ich seinem Steckenpferd gegenüberstehe. Doch als er mir versprach, mich nicht zu seinen Forschungen heranzuziehen, sagte ich ihm zu.
Und so komme ich denn in den privilegirten Genuß, mich als Arzt ganz einem Patienten nur widmen zu dürfen, von gelegentlichen Aushilfen in der Münchner Irrenanstalt abgesehen. Hier draußen in Schloß Fürstenried, eine halbe Stunde auf der Eisenbahn vor den Thoren Münchens, lebt Seine königl. Hoheit gemäß dem Wunsch des Königs so frei von Zwang wie möglich. Bis vor einem Jahr wohnte er in Nymphenburg, doch mußte er dort strenger weggesperrt werden, weil jedes Aufsehen in der Stadt zu vermeiden war. Im hiesigen Jagdschlößchen dagegen, umgeben von schönen Waldungen, fallen die Malheurs nicht weiter auf. Des Prinzen Zustand gibt übrigens Anlaß zu höchster Besorgnis. Er ist ein großer, sehniger Mann von 36 Jahren und rother Gesichtsfärbung, in dessen Auge das dem Irrenarzt vertraute Feuer des Wahnsinns lodert. Tobsuchtsanfälle wechseln mit tagelangem Stupor. Oft hört er Stimmen und erleidet dabei Höllenpein. Allzu katholisch erzogen verspricht er sich Besserung durch Buße, weshalb er, gerade zu meinem Dienstanfang, tagelang jede Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme verweigerte. Austrocknung des Körpers und Hungerödeme verschlimmerten seine Todesangst, der er mit noch weiterem Fasten zu begegnen suchte. Ein erster, zugegeben naiver Versuch, dem Prinzen durch einen aus dem Dorf herbeigeschafften Priester Absolution zu verschaffen, mißlang. Auch seine Excellenz von Steichele, den ich gleich darauf bitten ließ, vermochte Otto nicht von seinen Schuldgefühlen zu befreien. »Du dappertes römisches Luada, du verreckertes!« mag als Kostprobe der Schmähungen genügen, mit denen Prinz Otto den Erzbischof empfing.
Da der stark abgemagerte Prinz dringend Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen mußte, holten die Pfleger schließlich am dritten Tag, wie sie gewohnt waren, den Zwangsstuhl, legten die Mundschraube daneben, überreichten mir den Magenschlauch und einen Haffen mit wässrigem Haferschleim und wollten zur That schreiten. Als Otto begriff, was ihm drohte, wehrte er sich nach Leibeskräften. Im Augenblicke ward mir deutlich, daß unser Verhältnis unter einem Unstern begönne, unterwürfe auch ich ihn dieser greulichen Procedur. Da erinnerte ich mich eines Mittels, das Conolly in einer späten Abhandlung beschreibt, und ließ des Prinzen Hund bringen, einen üblen Rottweiler. Merklich beruhigte sich Seine kgl. Hoheit in der Gegenwart des Thieres, das er herzhaft kraulte. Ich ließ Rocco eine Schale Wasser geben und stellte einen Krug Bier daneben. Als der Hund gierig schlabberte, leerte Otto den Krug in einem Zug. Auf dieselbe Weise ißt und trinkt der Prinz nun schon seit zwei Wochen, wenn Zartfühlende seinen Anblick auch schwer ertragen: Der Prinz verweigert nicht nur den Löffel, sondern selbst den Gebrauch der Hände. Neben Rocco auf den Knien liegend schlürft er heißhungrig seine Schüssel leer, weshalb wir ihm dicke, nahrhafte Breie und Speisen in leicht zu genießender Form reichen.
Ich hoffe, fürs erste die Unterernährung in den Griff zu bekommen und damit die Wahnvorstellungen zu reduciren. Um mich nicht der ungebührlichen Prahlerei schuldig zu machen, will ich nicht verschweigen, daß aus des Prinzen Gemächern oft schon nach einer Stunde wieder irdene Teller (Porcellan erhält er nicht mehr), Bücher, Sessel, ja selbst Eichentische in den Schloßhof stürzen. Wegen der nöthigen Discretion ist eine eigene Glaserwerkstatt im Marstall eingerichtet worden.
Die Diagnose dürfte so eindeutig wie niederschmetternd sein: Meines Erachtens leidet S. kgl. Hoheit an Hirnerweichung (Progressiver Paralyse), die ja nichts anderes ist als eine Spätfolge der Syphilis, 10–20 Jahre nach der Infektion. Anders als sein Bruder soll er ja ein flottes Jugendleben geführt haben. Da wir ihn also nicht heilen können, wäre ich Ihnen für jeden Hinweis aus Ihrer langen Praxis dankbar, wie wir seinen Verfall zumindest aufschieben und sein Wohlbefinden womöglich steigern können.
Lieber Herr Professor, indem ich zum 3. Bogen greife, wird mir gewahr, wie ich im Geiste unsere anregenden Plauderstündchen fortsetze, mit denen Sie mich im Sommer allabendlich nach meinen Studien im Geheimen Staatsarchiv beschenkten. Wie ich Ihnen schon mündlich kurz mittheilte, habe ich unter den Strafrechtssachen aus den preußischen Provinzen der letzten zweihundert Jahre eine Entdeckung gemacht, die, wenn sachgerecht ausgewertet, publicirt und annoncirt, nicht geringes Aufsehen in der Fachwelt erregen wird. Ich bin der tiefen Überzeugung, daß wir gewisse Krankheiten fundirter verstehen lernen, wenn wir ihre Erscheinungsweise in der Vergangenheit studiren – zumal ja der Charakter mancher pathologischen Erscheinung so beschaffen ist, daß sie sich des Bekenntnisses, der Veröffentlichung oder Selbstanzeige, mithin der Kenntnis und Diagnose des Arztes weitestgehend entzieht. Insofern gleicht das historische Material, das wir in unseren Archiven bewahren, einem ungehobenen Schatze, einer reichen Quelle von medicinischen, insbesondere nervenheilkundlichen Anamnesen, von denen wir aus unserer Gegenwart nicht einen Bruchteil besitzen.
Allein die Frage, wie ich diese Forschungen in einem bürgerlichen Leben verfolgen soll, ist noch ungeklärt. Ich gestehe Ihnen offen, daß ich die Hoffnung hegte, Sie würden mich an der Charité zu halten wissen. Doch nun hat mich die Verschlechterung des prinzlichen Zustandes fürs erste gerettet. Seine Majestät der König selbst hat eine neue Behandlung verlangt und Mittel zur Verfügung gestellt, so konnte Gudden mich einstellen. Das Gehalt beträgt 2000 Mark und freie Station, und Gudden hat sich einverstanden erklärt, daß ich neben meinen Pflichten beim Prinzen und gelegentlicher Aushilfe in der Kreis-Irrenanstalt mein Vorhaben vorantreiben kann, besagte Krankenberichte der Vergangenheit aus dem Dunkel der Geschichte ins Licht unserer aufgeklärten Gegenwart zu schaffen.
Hier muß und soll ich nun aber endlich schließen, doch nicht, ohne Ihnen u...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Widmung
  3. Titel
  4. Vorwort
  5. Quellen
  6. Anhang
  7. Inhalt
  8. Impressum