Probleme beim Schreiben einer Ode an den Pazifischen Ozean
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Probleme beim Schreiben einer Ode an den Pazifischen Ozean

Problemas de escribir una oda al océano Pacífico

  1. 56 páginas
  2. Spanish
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Probleme beim Schreiben einer Ode an den Pazifischen Ozean

Problemas de escribir una oda al océano Pacífico

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Sergio Raimondi zählt zu den Erneuerern der argentinischen Lyrik. Sein Werk tritt in den Dialog mit den ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Wirklichkeiten, die seine Heimat prägen. In seiner Rede zur Poesie geht er auf globale Fragestellungen und deren Auswirkungen auf das Schreiben ein. Er zeigt, dass die gegenwärtige Spannung zwischen dem Trend zur Globalisierung und dem Trend zum Protektionismus nicht nur ein Zeichen einer Übergangsphase der Gegenwart ist. Dieses politische und ökonomische Problem ist gleichzeitig ein Problem der Poetik. Oder sind wir wirklich bereit zu glauben, dass Poesie von den Rohstoffpreisen, Kapitalflüssen und geopolitischen Strategien unberührt bleibt?Die Berliner Rede zur Poesie 2019 wird am 16. Juni 2019 gehalten.

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Información

Año
2019
ISBN
9783835343573
Categoría
Literatur
Auf einer Weltkarte an der Wand lassen sich die DART-Bojen lokalisieren, die die Pegelveränderungen durch einen vorbeirasenden Tsunami übermitteln, das Midway-Atoll, wo die Laysanalbatrosse brüten, und sogar die Route eines Containerschiffs vom zentralen Osten des asiatischen Kontinents in den Nordwesten des amerikanischen Kontinents oder umgekehrt. Den eigentlichen Ozean zu lokalisieren, fällt schwerer, denn alle bekannten Darstellungen zeigen ihn in zwei Hälften geteilt und an die Ränder dieser vollkommen rechteckigen Welt verbannt. Wie kann man ihn in seiner Gesamtheit erfassen? Vielleicht ist eine Überprüfung der Instrumente angebracht, die wir benutzen, um etwas auf planetarer Ebene zu betrachten: Ein Globus böte sich möglicherweise an. Dreht man ihn nur ein wenig, erscheint eine riesige Ausdehnung; die Erde ist auf einmal vollständig von Wasser bedeckt, als verfügte sie bereits über ein Bild für eine kommende Zeit. Weltkarte und Globus haben den Vorteil, dass sie auf die Geschichte der Moderne verweisen und damit jeglicher Effekt von Unmittelbarkeit vermieden wird; doch die beiden Gegenstände werden heutzutage nicht mehr gebraucht. Man kann einfach Google Earth starten, einen im Raum schwebenden Kreis vorfinden, der Teil des Sonnensystems in einer von sehr vielen Galaxien ist, und ihn mit dem Cursor bewegen, um sich dem Ozean so lange zu nähern, bis man den Meeresboden sieht, mit der Andesitlinie und den vulkanischen Bergen unter der Wasseroberfläche, den zahlreichen Inseln, die hier und dort auftauchen, und dem Feuerring, dieses Band beständiger und faktisch nie völlig vorhersehbarer seismischer Aktivitäten; tektonische Platten, die an die Entstehung und den Zerfall eines Riesenkontinents erinnern, der einst von einer unterschiedslosen flüssigen Fläche umgeben war.
Man sollte diese Weltkarte aber nicht voreilig verwerfen, die den Atlantik als senkrechte, den Blick ordnende Achse darstellt, mit dem Mittelmeer auf der rechten Seite als Verbreitungszentrum. Genau dort auf jener Achse ist ein westliches Narrativ verortet, das sich in zwei Schritten erzählen lässt; in zwei Schritten und drei Volumen Wasser: vom Mittelmeer zum Atlantik und vom Atlantik zum Pazifik. So einfach? Die Bewegung ist linear und eindeutig, aber sie bietet eine Chance: schnell die longue durée des Kapitalismus zu erahnen. Sehen Sie; wenn man den Finger hier und da aufstützt, kann man den genuesischen Zyklus mit seiner Bewegung nach Amerika aufzeigen, den niederländischen Zyklus mit der Gründung der ersten Wertpapierbörse in Amsterdam und Unternehmen wie der Ostindien-Kompanie, den britischen Zyklus mit London als Finanzzentrum und der Produktion von Eisen und Maschinen nach der Industriellen Revolution und schließlich den – zumindest bis jetzt andauernden – nordamerikanischen Zyklus, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem militärisch-industriellen Komplex von bis dahin unbekannten Ausmaßen konsolidierte. Das ist es: mehr als fünf Jahrhunderte in einem Satz. In jeder Bewegung stecken Akkumulationen, Expansionen, die Vergrößerung des Finanzkreislaufs und Kämpfe um eine neue Vorherrschaft. In jedem Zyklus kommt es zu Spannungen, Störungen und Irrwegen. Aber alle erzählen eine schrittweise und fortgesetzte Eroberung: von Rohstoffen, Territorien, Sprachen, Kulturen, Vorstellungswelten und sogar von Episoden im tiefsten Schlaf. Sie erzählen außerdem, wie die Volumen der Meere und der Ozeane durch eine immer größere Zahl von Seewegen miteinander verbunden wurden.
Befindet sich die Poesie – glücklicherweise von all dem unberührt – am Rand dieser Geschichte? Oder geht es in jedem Fall darum, zu sehen, wie sich Produktionsprozesse – gleichwohl ihre spezifischen Unterschiede berücksichtigend – mit den unterschiedlichen Arten des Gedichtaufbaus verwoben sind, Primärrohstoffe mit Analogien, die großen Arbeiterstreiks mit einem Enjambement und die Erkundung der Meere und Ozeane mit der Entdeckung eines Rhythmus? Einmal hatte ich einen Traum. Eine Grafik mit den Wirtschaftszyklen von der Industriellen Revolution bis zur Gegenwart erschien mir mit ihren Phasen des Aufkommens, Wachsens und Schrumpfens. In einer merkwürdigen Abfolge zogen die Hauptrohstoffe an mir vorbei: zuerst Baumwolle, dann Kohle, dann Stahl, Erdöl und schließlich Silizium. Ich sah die Veränderungen an den Maschinen und an den Motoren dieser Maschinen. Und ich sah, wie zeitgleich mit diesen Bildern Wörter auftauchten, oder Syntagmen, oder … Doch erst als ich »›Beauty is truth, truth beauty.‹ – that is all«[1] sah, bemerkte ich, dass es sich um Verse handelte. Jener jambische Fünfheber von John Keats drehte sich und entfernte sich von der Drehung der Spindel einer Spinnmaschine, ein weiterer von William Carlos Williams wurde danach Silbe für Silbe auf einem Fließband montiert, das nicht richtig funktionierte, und am Ende tauchte eine Welle auf. Sie schwoll immer mehr an und hielt in der Höhe inne, kurz davor, über mich hereinzubrechen: Sie war ganz aus Sprache gemacht! Da wachte ich auf. Es war so, als ob die Produktionsprozesse alles überdecken würden und die Sprache heute selbst die vorrangige Materie wäre. Ich glaube, es gelang mir erst, mich zu beruhigen, als mir einige Tage später auffiel, dass die Welle aus Versen von Ashbery bestanden hatte. Eigentlich beruhigte mich die Erinnerung an einen Vers im Besonderen; er lautete: »One idea is enough to organize a life and project it«.[2]
Beim Schreiben einer Ode an den Pazifischen Ozean würde eine Bibliothek wenig weiterhelfen, in der Gedichtbände und Bücher über Geschichte, Philosophie, Linguistik oder Ökonomie voneinander getrennt stünden; vielmehr wären eklektische Regale notwendig, in denen die Divina Commedia an Il lungo XX secolo von Giovanni Arrighi lehnen würde, in denen der kurze Band, in dem Marx sich fragt: »Wo bleibt […] Jupiter gegen den Blitzableiter […]?«[3] neben Trasumanare e organizzare von Pasolini stünde, ein Essay von Ezequiel Martínez Estrada über das Leben in der argentinischen Pampa neben The Cantos von Ezra Pound, Ernest Mandel / Marianne Moore, Fredric Jameson / José Carlos Mariátegui, Pedro Henríquez Ureña und die ersten Seiten von Michel Foucaults L’Archéologie du savoir, Erich Auerbach in der Nähe von Kondratjew, E. P. Thompson und Leónidas Lamborghini, Gramsci und Escrito en Cuba von Enrique Lihn, usw. All das Genannte zusammen und dazu – ohne Geringschätzung – die Ausschnitte aus Finanzbeilagen, die zusammengefaltet in den Büchern stecken, die dünnen Bändchen der strikten Zeitgenossen, die Weltkarte von Mercator, natürlich den Globus, der in einer Ecke steht, die Kisten, deren Etikette auf landwirtschaftliche Materialien verweisen, oder in denen sich Fotokopien von theoretischen Texten mit durch Marker hervorgehobenen Passagen, Hafenzeitschriften und zweifellos Fotos von der Familie und der Beziehung ansammeln und die geschenkte Maneki-neko-Katze, die immer noch mit der rechten Pfote grüßt, eine kaputte, aber aus irgendeinem Grund auf einem Regalbrett liegende Maus, Münzen!, der Korken eines zu einem besonderen Anlass getrunkenen Weins und sogar ein Marmeladenglas mit Muscheln von einem Atlantikstrand.
Aus dieser Bibliothek würde ich mir gerne ein Buch von Adorno holen und einen Satz suchen, der unterstrichen ist. Mal sehen … Ich versuche, ihn in meinem bescheidenen, eifrig im vergangenen Jahr erlernten Deutsch vorzulesen: »Solche Moderne muß dem Hochindustrialismus sich gewachsen zeigen, nicht einfach ihn behandeln«.[4] Der Satz bezieht sich auf die moderne Kunst und ist selbst modern in seinem Auftrag, aber haben Sie nicht auch den Eindruck, dass er die Fähigkeit zu bewegen bewahrt hat? Oder berührt er nur empfindsame Seelen, die des Nachts von Exportstatistiken des Textilhandels heimgesucht werden? Man muss einigermaßen verwegen sein, um eine Kunst zu fordern, die sich dem Kapitalismus gewachsen zeigt! Wie angesichts dieses Anspruchs unberührt bleiben? Es ist einfach, den heldenhaft antagonistischen Charakter einer Praxis zu preisen; weniger einfach aber ist es, auf die Herausforderungen hinzuweisen, die diese Praxis auf sich nehmen und lösen müsste. Hmmmm, sich dem Kapitalismus gewachsen zu zeigen, ist das nicht eine maßlose Aufgabe? Auch der Kapitalismus selbst ist maßlos: Er durchquert Kontinente und Ozeane, belädt Containerschiffe mit Waren, bewegt riesige Mengen an Kilowatt. Die Gr...

Índice

  1. Cover
  2. Titel
  3. Inhalt
  4. Probleme beim Schreiben einer Ode an den Pazifischen Ozean
  5. Problemas de escribir una oda al océano Pacífico
  6. Kurzbiografien
  7. Anmerkungen
  8. Impressum