Die Grenze als epistemologisches Privileg
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Die Grenze als epistemologisches Privileg

Mediterrane Erfahrungen

Dieter Haller

  1. 54 páginas
  2. German
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  4. Disponible en iOS y Android
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Die Grenze als epistemologisches Privileg

Mediterrane Erfahrungen

Dieter Haller

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Die meisten Sozial- und Geisteswissenschaften kennzeichnen sich durch das Bemühen darum, die Welt mit klaren Kategorien zu erkennen. Diesem unterliegt die Vorstellung der linearen Grenze. Unter Rückgriff auf Befunde aus dem nordafrikanischen und europäischen Mittelmeerraum kontextualisiert der vorliegende Artikel mit ethnologischem Blick das Gedankenmodell der Linearität historisch, politisch und kulturell, indem er dieses mit Grenzen als Zonen des Überganges kontrastiert und nach dem epistemologischen Gewinn fragt, der sich daraus für die Disziplinen entfaltet.

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Información

Editorial
De Gruyter
Año
2021
ISBN
9783110749335

Fazit

„Das Fremde sucht uns heim, noch bevor wir es einlassen oder uns seiner zu erwehren trachten“, formuliert der Philosoph Bernhard Waldenfels (1997: 73-74). „Das Fremdwerden der Erfahrung setzt ein mit der Abweichung von den Bahnen vertrauter Gewohnheiten. Es kündigt sich an als Beunruhigung, die unsere vertrauten Ordnungen stört und die selbst unsere Sinne durcheinanderbringt.“ An Prognosen über die beunruhigenden Effekte des möglichen Zeitenbruches durch die Pandemie, die uns als Fremdes heimsucht, überbieten sich Denker und Denkerinnen. Ich möchte mich nicht daran beteiligen, sondern lediglich für den gegenwärtigen Zeitpunkt (Februar 2021) feststellen, dass zumindest im europäischen Raum Formen der Distanzierung Grauzonen bereinigen: physischen Abstand wahren, Anderen aus dem Weg gehen, Digitalisierung der Kommunikation, Parzellierung des Bewegungsfreiraumes. Grundlagen für die Entstehung von Gesellschaftlichkeit verschwinden hinter Masken und Bildschirmen: im öffentlichen Raum wird der Blick ins offene Gesicht begrenzt, auch wenn Viele jetzt erlernen, vornehmlich mit den Augen zu kommunizieren. Videotreffen reduzieren Kommunikation auf Hör- und Sichtbares – andere für die Kommunikation wichtige, aber gemeinhin gering geschätzte Sinne werden ausgeblendet. Der Gabentausch verengt sich auf den Austausch von Materiellem, das gemeinsame Feiern und die Rituale der Begegnung unterbleiben. All dies deutet darauf hin, dass sich gegenwärtig in Europa die Grauzonen verstärkt linearisieren. Ich habe kein belastbares Material dafür, welchen kulturellen Umgang man in anderen Weltgegenden mit der Pandemie pflegt und pflegen kann. Eines aber ist klar: in Europa lebt man in kulturellen, rechtlichen und medizinischen Umständen, die die Durchsetzung von Distanzierungsmaßnahmen privilegieren.
Ich habe mich mein ganzes Berufsleben lang zwar mit verschiedenen Themen beschäftigt, subsummieren lassen sich meine Feldforschungen in Sevilla, Gibraltar, Texas und Tanger in der Nachschau jedoch eindeutig als Grenzforschungen. Diesen unterliegend ist die Frage nach der Scheidung des Hegemonialen, Normalen, Selbstverständlichen und Unverrückbaren vom Subalternen, Abartigen, Merkwürdigen und Flackernden. Wie und wann werden Grenzen der Sicherheit abgesteckt und gegen das Wilde verteidigt? Wie werden tonal und nagual,90 Kultur und Wildnis, Norm und Abweichung bestimmt und voneinander geschieden? Ganz sicherlich speist sich die berufliche Beschäftigung auch aus persönlichen und familiären Verunsicherungen. Diese Beunruhigung wurde bei uns zuhause in erster Linie als Bereicherung gesehen. Was dann in zweiter Linie folgte, das musste sich im Einzelfall erweisen.
Machen wir einen Sprung aus den vorwissenschaftlichen Vorbedingungen und dem ethnologischen Forschungsprozess. Obwohl protestantisch geprägt, war mir das Katholische nicht fremd: klare Positionen hatte man schon zu haben, aber Haltungen und Praxis waren eben doch nicht dasselbe. Als Menschen sind wir fehlbar, nicht gradlinig: wer A eindeutig von B scheidet, ignoriert den Bereich der Überlappung, der Überschneidung, der Verunreinigung, des Überganges, in dem wir Menschen uns alle bewähren müssen. In dieser alltäglichen Welt der Unklarheiten, des Durchwurschtelns und Frickelns, des Vermischens und der Grauzonigkeit erfahren Forscher die Grenze zwischen verschiedenen Wirklichkeiten mit unterschiedlichen Wahrheiten, oftmals „verschüttet“ und nicht mehr in den großen Diskurs eingespeist, ein peripheral wisdom, das unsere eigenen Selbstverständlichkeiten zutiefst zu erschüttern vermag. Wenn wir diese Erschütterung überstehen und reflektieren, dann erweist sich die Grenze tatsächlich als privilegierter Ort der Erkenntnis. Wir erfahren etwa, dass Identität, Reinheit und Eindeutigkeit heute kaum als erklärungsbedürftig gelten, Ambivalenz, Grauzonen, Mischung dagegen schon. Das war einmal anders, die Familiengeschichten von Patrice und Fiorina scheinen letzte Relikte einer Selbstverständlichkeit zu sein, die heute mehr und mehr in Bedrängnis kommt. In beiden Geschichten spielt nicht nur das multiethnische, -religiöse und -kulturelle Nebeneinander von Gruppen eine Rolle, sondern auch die vielfältigen und hybriden (oder ambivalenten und ambiguen) Lebensformen der Individuen selbst: mehrere Sprachen sprechend, soziale Beziehungen mit Anderen pflegend, möglicherweise selbst aus „kulturell uneindeutigen“ Familien stammend – das war einmal normal. Heute bezeichnet dagegen man diese Familien fraglos als gemischt; heute, im Zeitalter des Identitätsimperativs, der ethnischen Reinigungen und der religiösen Purifizierung.
Gerade sind Syrien und Irak noch immer dabei, von ethnischen und religiösen Ambivalenzen und Ambiguitäten bereinigte Gesellschaften zu werden und die autochthonen christlichen Gemeinschaften, aber auch andere Minderheiten wie die Jeziden und Turkmenen zu vertreiben und Schiiten von Sunniten territorial voneinander zu trennen, säkulare Kräfte zu verfolgen und zu unterdrücken sowie Gesellschaften mit einer enggeführten Form des Islam zu begründen. Die Entflechtung der Vielfalt ist nicht neu un...

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