Persönlichkeit und Motivation im Unternehmen
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Persönlichkeit und Motivation im Unternehmen

Anwendung der PSI-Theorie in Personalauswahl und -entwicklung

Julius Kuhl, David Scheffer, Bernhard Mikoleit, Alexandra Strehlau

  1. 176 pages
  2. German
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  4. Disponible sur iOS et Android
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Persönlichkeit und Motivation im Unternehmen

Anwendung der PSI-Theorie in Personalauswahl und -entwicklung

Julius Kuhl, David Scheffer, Bernhard Mikoleit, Alexandra Strehlau

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Das Buch gibt einen Einblick in Modelle der Mitarbeitermotivation. Es ĂŒberwindet die SchwĂ€chen bisheriger Modelle dadurch, dass Motivationsformen unterschieden werden, die fĂŒr jeweils andere Aufgaben und Arbeitskontexte sinnvoll sind. Die Beschreibung der Funktionsprofile jeder Motivationsform auf der Grundlage einer fundierten Persönlichkeitstheorie (PSI-Theorie) eröffnet neue Perspektiven fĂŒr die Förderung der Mitarbeitermotivation. Fallbeispiele verdeutlichen, welchen Nutzen eine komplexere Betrachtung der Persönlichkeit bei der Frage nach der Person-Job-Passung schaffen kann.

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Informations

Éditeur
Kohlhammer
Année
2010
ISBN
9783170281868

1 Motivation und Persönlichkeit: Basiskonzepte

Unternehmen brauchen fĂŒr ihren Erfolg motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das ist allgemein bekannt. Die Frage ist nur: Wie bekommt man sie? Ist es möglich, schon im Prozess der Personalauswahl die motiviertesten Bewerber herauszufiltern? Kann man unmotivierte Mitarbeiter, die sich bereits im Unternehmen befinden, zu motivierteren machen? Die Antwort ist: Ja, man kann die Personalauswahl und die Personalentwicklung so gestalten, dass die Motivation der Mitarbeiter und FĂŒhrungskrĂ€fte maximiert wird. Allerdings ist es dafĂŒr notwendig, die Fragen zu prĂ€zisieren. Soll der motivierteste Bewerber ausgesucht werden, ist zu hinterfragen: FĂŒr welchen Job suchen wir jemanden, und welche Person wird durch die Merkmale dieses Jobs zu Höchstleistungen angetrieben? Gilt es, eine FĂŒhrungskraft zu motivieren, sollte die Frage lauten: Welche Aufgaben oder Bedingungen vermögen genau diese FĂŒhrungskraft zu beflĂŒgeln?
Um die Motivation im Unternehmen nachhaltig zu steigern, mĂŒssen die Persönlichkeitsunterschiede beachtet werden. Denn Motivation entsteht dort, wo die richtige Person am richtigen Platz ist. HierfĂŒr ist es essenziell, die Motivation und Persönlichkeit der Bewerber, Mitarbeiter und FĂŒhrungskrĂ€fte genau zu beleuchten. Nur, wenn die Persönlichkeitsunterschiede berĂŒcksichtigt werden, kann eine Person im Unternehmen so platziert werden, dass sie dauerhaft motiviert ist.
In diesem Kapitel beschreiben wir diese wesentliche Determinante der Job-Motivation: die Passung zwischen den Anforderungen des Jobs und den relevanten persönlichen FÀhigkeiten.

1.1 Flow: Die Passung zwischen Anforderungen und FĂ€higkeiten

Mit einer guten und umfassenden Theorie der Persönlichkeit und Motivation können Human-Resources-Abteilungen auch ohne teure Seminare, in denen selbst ernannte Motivationsexperten einer staunenden Gemeinde Zauberwörter und Wunderstrategien anpreisen, die Motivation und Leistung von Fach- und FĂŒhrungskrĂ€ften stĂ€rken. Ein wissenschaftlich fundierter Ansatz, um Menschen dauerhaft zu motivieren, ist, sie in ein Arbeitsumfeld zu bringen, das optimal zu ihnen passt. Oder anders ausgedrĂŒckt, eine Passung zu ermöglichen (Holland, 1997; Scheffer & Kuhl, 2006). In der Persönlichkeits- und Motivationspsychologie wurden in den letzten Jahren wichtige Erkenntnisse darĂŒber gewonnen, was diese Passung fördert. FĂŒr ein Unternehmen lohnt es sich, diese Erkenntnisse zu berĂŒcksichtigen, weil es an allen Stellen mit Menschen zusammenarbeitet, die von Passung profitieren: Kunden, FachkrĂ€fte, FĂŒhrungskrĂ€fte und Kooperationspartner.
Bei einer guten Passung entsteht Flow – der wohl wichtigste Anreiz des Menschen, um zu arbeiten (Csikszentmihalyi, 1997; v. Cube, 2003; Rheinberg, 2006). Werden Menschen optimal beansprucht, also weder ĂŒber- noch unterfordert, dann geraten sie in einen Zustand des GlĂŒcks und der LeistungsfĂ€higkeit. Flow kann als der Goldstandard der Motivationspsychologie in Organisationen gelten, denn nichts scheint Menschen nachhaltiger zur Arbeit zu bewegen. Diesen Zustand zumindest phasenweise zu erreichen, ist eines der wichtigsten Ziele auf individueller wie auf Team-Ebene. Das Flow-Konzept integriert auf einzigartige Weise die idealistischen Visionen einer humanistischen Psychologie und das auf Profit ausgerichtete betriebswirtschaftliche Denken.
Zwei Hauptmerkmale zeichnen Menschen im Flow aus:
  • Sie fĂŒhlen sich mit ihrer Arbeit eins und haben große Freude an ihr; sie glauben, die Arbeit unter Kontrolle zu haben und fĂŒhlen sich durch sie gleichzeitig angeregt und sicher.
  • UnabhĂ€ngig von der Berufsrolle scheinen Menschen im Zustand des „Flow“ ihre Arbeit mit höchstem nachhaltigem Erfolg zu erledigen.
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Abb. 1.1: Modell der Person-Job-Passung
Abbildung 1.1 verdeutlicht das Gesagte. Bei guter Übereinstimmung zwischen den Merkmalen der Person und den Anforderungen des Jobs bzw. der Arbeit entsteht Flow, und zwar umso mehr, je stĂ€rker die Person-Job-Merkmale ausgeprĂ€gt sind, d. h. je stĂ€rker die Anforderungen des Jobs und die dazu passenden („relevanten“) FĂ€higkeiten sind. Haben sowohl Job- als auch Personenmerkmale eine starke AusprĂ€gung (beispielsweise den Wert 4), so besteht die Möglichkeit, in den stark ausgeprĂ€gten Flow-Kanal zu gelangen (s. Abb. 1.1). Die Person erlebt damit lĂ€ngere Phasen, in denen konzentriertes, interessantes und als erfĂŒllend empfundenes Arbeiten möglich ist. Haben beide Merkmale dagegen nur eine schwache AusprĂ€gung (beispielsweise den Wert 1), dann entsteht bei hinreichender Passung zwar auch Flow, jedoch nur in begrenztem Ausmaß. Die ganze Bandbreite an Verhaltensweisen, die mit Flow einhergehen, kann man nur bei starken AusprĂ€gungen sowohl auf der Job- als auch auf der Personenachse erwarten (d.h., wenn die Anforderungen hoch und die relevanten FĂ€higkeiten entsprechend gut ausgeprĂ€gt sind). (Die Skalierungen der Achsen von 0 bis 5 sind natĂŒrlich nur Beispiele. Man hĂ€tte genauso gut auch Werte von 0 bis 100 nehmen können. Die Skalierungen variieren, je nachdem, welches Instrument man fĂŒr die Messung der beiden Achsen verwendet.)
Bei mangelnder Passung impliziert dieses Modell Über- bzw. Unterforderung, die im Extremfall schließlich in das Gegenteil von Motivation, in Stagnation, ĂŒbergeht. Wer aus den Abweichungen vom optimalen Flow-Korridor nicht mehr „herauskommt“, verfĂ€llt in Stagnation – gerĂ€t in einen Teufelskreis, aus dem er allein nur noch schwer zurĂŒck zum Flow-Kanal findet. Ein Beispiel fĂŒr eine ungenĂŒgende Passung ist eine sehr analytische und sachliche Person mit einem starken BedĂŒrfnis nach konkreten Zielvorgaben, die in einem Call-Center stĂ€ndig mit zum Teil ganz unvorhersagbaren und emotionalen Kundenbeschwerden konfrontiert ist. Die FĂ€higkeiten dieser Person passen nicht zu den Anforderungen des Jobs, die Person ist ĂŒberfordert. Ähnlich ist die Situation fĂŒr einen emotionalempathisch orientierten Controller, der langsam, aber sicher in ein Burn-out-Syndrom gerĂ€t, wenn er den ganzen Tag seine ganze EmotionalitĂ€t an zu kontrollierenden Zahlenkolonnen auszuleben versucht. Auch hier passen die FĂ€higkeiten des Controllers nicht zu dem, was in seinem Job gefragt ist. Im Gegensatz dazu lĂ€ge eine Passung vor, wenn die sehr analytische und sachliche Person mit einem starken BedĂŒrfnis nach konkreten Zielvorgaben aus dem ersten Beispiel in einem Job arbeiten wĂŒrde, der klare Strukturen bietet, und wenn eine emotional-empathisch orientierte Person ihre FĂ€higkeiten in einer Aufgabe ausleben könnte, die genau diese Orientierung fordert. Unter solchen Bedingungen ist Flow durch Person-Job-Passung möglich.
Eine allgemeine Definition von Motivation bei der Arbeit
Die Motivation, die Menschen aus ihrer Arbeit schöpfen, ist darauf ausgerichtet, Flow zu erleben. Dieses Ziel gibt dem Verhalten nachhaltig Energie, Richtung und Ausdauer.
Unsere Erfahrungen und die RĂŒckmeldungen aus der Praxis zeigen deutlich: Alle Menschen in den Unternehmen wollen Flow erleben. Selbst diejenigen, die vordergrĂŒndig nur auf Geld verdienen und Macht aus sind, genießen durchaus die Phasen, in denen ihr zielgerichtetes Handeln wie von selbst und mit höchster Effizienz ablĂ€uft. Sie spĂŒren, dass dieser Zustand umso stĂ€rker erlebt wird, je stĂ€rker ihre Motive und Eigenschaften aktiviert sind und je stĂ€rker die Herausforderungen vonseiten der Umwelt ausfallen. Passt beides auch nur kurzzeitig perfekt zusammen, dann will man dieses Flow-GefĂŒhl immer wieder erleben und schöpft daraus Kraft fĂŒr den Alltag. Aus Abbildung 1.1 lassen sich die zwei folgenden, wichtigen Motivationskonzepte ableiten.
Wie kann Flow erreicht werden?
  • Motivation (Flow) braucht nicht durch wundersame Techniken mĂŒhsam induziert zu werden. Ganz im Gegenteil: Die Menschen sind von selbst motiviert, Flow zu erleben, d.h. eine Passung zwischen der eigenen Persönlichkeit und den Anforderungen des Jobs herzustellen. Motivieren heißt daher, Menschen dabei zu helfen, fĂŒr sich und die Team-Mitglieder eine optimale Passung zu den Anforderungen des Jobs zu finden.
  • Eine optimale Person-Job-Passung und damit Flow herzustellen, setzt notwendigerweise die Diagnostik der Persönlichkeitsmerkmale und der Jobmerkmale voraus. Personen zu motivieren bedeutet demnach zuallererst, Motivationsdiagnostik zu betreiben, d.h. herauszufinden, was eine Person motiviert, um dann auf dieser Basis zu erarbeiten, was sie in ihrem Job konkret zur Motivierung benötigt.
Zur Diagnostik persönlicher Motivationsquellen werden Tests, Methoden und Instrumente eingesetzt. Wer diese sicher anwendet, kann ein wirksamer Motivator werden. Zusammen mit einer guten Diagnostik können „Zauberwörter“ und „Wunderstrategien“ sogar regelrecht von falschen Versprechungen hin zu unterstĂŒtzenden Maßnahmen mutieren. So kann der Hinweis auf die Allmacht des „positiven Denkens“ oder der „SelbstwirksamkeitsĂŒberzeugungen“ („Just believe in yourself“) zwar einerseits die fehlenden Kompetenzen nicht ersetzen (Kuhl, 1981; Martens & Kuhl, 2008). Andererseits kann jedoch schon die Suggestionskraft solcher SchlĂŒsselkonzepte die Wirkung neu gewonnener Kompetenzen verstĂ€rken, wenn diese zusammen mit einer umfassenden Diagnostik eingesetzt werden, die die entwicklungsfĂ€higen Kompetenzen identifiziert und den Arbeitsschwerpunkt einer darauf aufbauenden Intervention festlegt (Beratung, Coaching, Training oder Therapie). Analoge Erfahrungen gibt es auch in anderen Berufen: Der gute Ruf einer Heilpflanze, eines Medikaments oder einer Behandlungsmethode kann durchaus deren Wirkung verstĂ€rken, wenn er mit einer sicheren Diagnostik und den darauf aufbauenden Maßnahmen zusammentrifft. Entscheidend ist, dass unterstĂŒtzende Maßnahmen zur Motivierung einer Person auf deren individuelle Persönlichkeit zugeschnitten sind. Menschen benötigen unterschiedliche berufliche Rahmenbedingungen und Anforderungen, um motiviert zu sein – Motivationsmaßnahmen, die nach dem Gießkannenprinzip auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezogen werden, sind daher wenig sinnvoll.
Ohne eine Diagnostik der relevanten Person- und Jobmerkmale besteht die Gefahr, dass es zwischen den Merkmalen einer Person und ihrem Job zur Nicht-Passung kommt. Ein eher analytischer und rationaler Mitarbeiter kann beispielsweise in einem Job mit klaren Strukturen und konkreten Zielvorgaben sehr motiviert und erfolgreich sein. Wird dieser Mitarbeiter jedoch in ein völlig unstrukturiertes Umfeld versetzt, in dem es keine klaren ArbeitsauftrĂ€ge, kein eindeutiges Feedback und auch keine Zielvereinbarungen gibt, ist keine Passung mehr zwischen Person- und Jobmerkmalen gegeben. Auch wenn diese Person noch so gut fĂŒr ihre Aufgabe qualifiziert ist, wird Demotivation die Folge sein. Entsprechend wird es einem Mitarbeiter ergehen, der es gewohnt ist, objektiv und logisch zu entscheiden, von dem aber im Job subjektive GefĂŒhlsarbeit abverlangt wird. Es gibt im Alltag viele solcher Beispiele, von denen wir einige in diesem Buch anhand konkreter Fallbeschreibungen diskutieren werden.
Das Erkennen und Beseitigen von Demotivation kann sich schwierig gestalten, da deren Bedingungen oft unbewusst sind. So mag eine Person davon ĂŒberzeugt sein, in ihrem Arbeitsumfeld subjektive GefĂŒhlsarbeit zu verrichten und mit ihrer Persönlichkeit auch zu diesem Job zu passen. Zuweilen kann dies jedoch durchaus ein Irrtum sein: Es gibt heute klare Hinweise darauf, dass Menschen nicht selten dazu neigen, sich hinsichtlich bestimmter Persönlichkeitseigenschaften falsch einzuschĂ€tzen. Dies liegt letztlich daran, dass das bewusste Selbstkonzept eines Menschen nur eines von mehreren Erkenntnissystemen im „Universum“ des menschlichen Geistes ist. Neben den bewussten Konzepten, die Menschen ĂŒber sich und die Welt bilden, gibt es andere Systeme im Gehirn, die ĂŒberwiegend „nicht bewusst“ arbeiten. Immer wenn die Erkenntnisse eines Systems nicht expliziert werden können (d. h. nicht sprachlich oder nonverbal ausgedrĂŒckt werden können), dann sprechen wir heute von impliziten Prozessen. Hierzu gehören vor allem Motive, und ĂŒberhaupt viele Prozesse, von denen die Art und Weise abhĂ€ngt, wie wir Informationen wahrnehmen, beurteilen und Handlungen initiieren (Kuhl, 2001; McClelland, 1985; Scheffer, 2005). Wir werden uns spĂ€ter noch eingehend mit der Diagnostik von Motiven befassen. Motive sind besonders wichtig fĂŒr das Coaching und die Beratung, da sie unbewusste Kraftquellen der Motivation darstellen (Cox & Klinger, 2004; Schultheiss & Brunstein, 2005). Eine Person, der ihr hohes implizites Machtmotiv bislang nicht bewusst war, kann, indem sie sich ihrer unbewussten Machtmotivation bewusst wird und die positiven Seiten ihrer Machtmotivation entdeckt, lernen, sich Möglichkeiten zu schaffen, um zu fĂŒhren und zu entscheiden und somit ihre Machtmotivation als unbewusste Kraftquelle viel besser nutzen. Als vorlĂ€ufige Begriffsbestimmung können wir festhalten: Motive entstehen als Reaktion auf Sozialisationsbedingungen, die immer im Rahmen der Persönlichkeitsdispositionen von Individuen variiert, d.h. die AusprĂ€gung persönlicher Motive ist zum Teil angeboren, aber zum Teil auch Ausdruck der individuellen frĂŒhkindlichen Erfahrung mit der Art und Weise, wie BedĂŒrfnisse (zum Beispiel nach Beziehung, Leistung und Macht) befriedigt oder frustriert wurden. Sie sind in einer vorbegrifflichen, bildhaften Sprache gespeichert und wirken sich besonders auf die spontane Wahrnehmung der Möglichkeiten aus, in einer konkreten Situation ein vorherrschendes BedĂŒrfnis zu befriedigen.

1.2 Die Korrelationsfalle: HĂ€ngt Verhalten von der Situation oder der Person ab?

Bevor wir die theoretischen und diagnostischen Grundlagen im Einzelnen besprechen, ist es sinnvoll, einige MissverstÀndnisse zu klÀren, die auch heute noch viele Praktiker davon abhalten, die Fortschritte der modernen Persönlichkeits- und Motivationspsychologie zu nutzen. Wo steht die Diagnostik von Persönlichkeit und Motivation heute und warum steht sie dort?
Wenn wir diese Frage ehrlich beantworten wollen, dann kommen wir nicht umhin zu konstatieren, dass die Diagnostik von Persönlichkeit und die daran gekoppelten Anwendungen in der Praxis hĂ€ufig einen erstaunlich geringen Stellenwert haben. Das ist in anderen Lebensbereichen anders: Wer meint, von einer ErnĂ€hrungsberatung zu profitieren, wer zum Arzt geht oder sein Auto in die Werkstatt bringt, erwartet eine fundierte Diagnose und nicht blindes Herumprobieren. Warum ist dies anders, wenn es um die eigene Persönlichkeit geht? Wie kommt es, dass das, was in anderen Bereichen selbstverstĂ€ndlich ist, nicht genutzt wird, wenn es um die Motivation und andere persönliche Kompetenzen geht, deren Bedeutung fĂŒr den beruflichen Erfolg nicht angezweifelt wird? Es lohnt sich, einige GrĂŒnde fĂŒr diese Situation etwas nĂ€her zu betrachten.
Bei unseren Diskussionen in den Unternehmen sind uns drei Sorgen besonders oft begegnet: Eindringen in den Privatbereich der Person (GrenzĂŒberschreitung), Reduktion der Person auf einige starre Kategorien (Schubladendenken) und Aufdecken der eigenen SchwĂ€chen (Defizitorientierung). Diese drei Sorgen mögen auf manche Tests (oder den Umgang damit) zutreffen, passen aber nicht auf die hier gemeinten neuen Methoden einer entwicklungsorientierten Diagnostik (Entwicklungsorientiert...

Table des matiĂšres

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. 1 Motivation und Persönlichkeit: Basiskonzepte
  7. 2 Vom Flow zur Interaktion psychischer Systeme
  8. 3 Anwendungsbeispiele: Die vier Motivationstypen in Aktion
  9. 4 Vertiefung der PSI-Theorie: Erkenntnissysteme, Affekte und BedĂŒrfnisse
  10. 5 Entwicklungsorientierte Systemdiagnostik
  11. 6 Zusammenfassung: Motivation und Persönlichkeit in der Personalauswahl und -entwicklung
  12. Literatur
  13. Stichwortverzeichnis
Normes de citation pour Persönlichkeit und Motivation im Unternehmen

APA 6 Citation

Kuhl, J., Scheffer, D., Mikoleit, B., & Strehlau, A. (2010). Persönlichkeit und Motivation im Unternehmen (1st ed.). Kohlhammer. Retrieved from https://www.perlego.com/book/1074438/persnlichkeit-und-motivation-im-unternehmen-anwendung-der-psitheorie-in-personalauswahl-und-entwicklung-pdf (Original work published 2010)

Chicago Citation

Kuhl, Julius, David Scheffer, Bernhard Mikoleit, and Alexandra Strehlau. (2010) 2010. Persönlichkeit Und Motivation Im Unternehmen. 1st ed. Kohlhammer. https://www.perlego.com/book/1074438/persnlichkeit-und-motivation-im-unternehmen-anwendung-der-psitheorie-in-personalauswahl-und-entwicklung-pdf.

Harvard Citation

Kuhl, J. et al. (2010) Persönlichkeit und Motivation im Unternehmen. 1st edn. Kohlhammer. Available at: https://www.perlego.com/book/1074438/persnlichkeit-und-motivation-im-unternehmen-anwendung-der-psitheorie-in-personalauswahl-und-entwicklung-pdf (Accessed: 14 October 2022).

MLA 7 Citation

Kuhl, Julius et al. Persönlichkeit Und Motivation Im Unternehmen. 1st ed. Kohlhammer, 2010. Web. 14 Oct. 2022.