I. KAPITEL
MIAMI BEACH, WELCOME TO THE III. WORLD
Die Schönheit des Ortes, seiner Lage und Bebauung, so wie seiner klimatischen Gegebenheiten
Ich liebe es, in South Beach zu wohnen: Hier erreiche ich alles zu FuĂ oder mit dem lokalen Kleinbus, der lediglich 25 Cent kostet, die Verpflegung ist einfach, weil es viele SupermĂ€rkte und Restaurants gibt, die fertige Gerichte zu niedrigen Preisen anbieten, SĂŒdfrĂŒchte sind reif und ihre Preise niedrig, so auch Huhn und Fischpreise, auf den StraĂen fĂŒhle ich mich nie unsicher, weil es zu allen Zeiten nicht nur viele Menschen, sondern auch genĂŒgend Touristen gibt.
Die Kokospalme ist die hervor stechende Baumart, daneben gibt es einen attraktiven groĂwachsenden immergrĂŒnen Laubbaum mit groĂen runden BlĂ€ttern und essbaren FrĂŒchten (die Einheimischen nennen ihn Seagrape), der viel Schatten spendet.
Aber: Im Vergleich zu anderen Orten der Welt mit vergleichbarem Klima, Asien und Afrika zum Beispiel, blĂŒht hier viel zu wenig und viel zu wenig ĂŒppig.
Der Himmel ist ĂŒberwiegend blau, und ist er es einmal nicht, dann ist es zumindest etwa neun Monate im Jahr dennoch heiĂ oder sehr schön warm, das Atlantik-Wasser hat beste Badetemperaturen, SonnenaufgĂ€ngen und MondaufgĂ€nge sind spektakulĂ€r und die SonnenuntergĂ€nge ĂŒber Miami, genossen am South Point und auf die Silhouette der Stadt schauend, tauchen den Himmel in ein rosa- lila Farbenmeer.
In South Beach liegt der Art Deco- Distrikt. Alle Hotels am Ocean Drive, aber auch viele HĂ€user drum herum, so wie das GerichtsgebĂ€ude sind im Art Deco- Baustil und gut erhalten, und das Postamt mit seiner riesigen runden Eingangshalle, mit rund 2500 Messing-Postfachklappen ausgestattet und mit Deckenfresken geschmĂŒckt ist ĂŒberaus sehenswert, so auch die Versace Villa auf dem Ocean Drive und das von mir zum besten je Gesehenen gewĂ€hlten Holocaust Denkmal am Ende South Beaches liegend, das alles ist etwas tĂ€glich Schönes fĂŒr's Auge.
Der Espanola Way ist meines Erachtens die schönste StraĂe in Miami Beach, gesĂ€umt von blĂŒhenden BĂ€umen und Bougainvilleas und ausgestattet mit vielen Lichterketten, quer ĂŒber die StraĂe gespannt oder in die BĂ€ume und BĂŒsche gehĂ€ngt. Touristen kommen wegen des spanisch- maurischen Baustil in Terracotta- Farben, der mit vielen Verzierungen versehen ist, kleine Balkonen und bunte Markisen sieht man ĂŒberall, und Restaurants, Eisdielen und Boutiquen reihen sich aneinander. Allabendlich und am Wochenende ist die StraĂe fĂŒr Fahrzeuge gesperrt und den lustwandelnden Touristen ĂŒberlassen.
Mein Apartment befindet sich im Anschluss an das letzte Restaurant, so bin ich aus dem gröbsten LÀrm und Gewusel raus (naja, jedenfalls dachte ich das bei meinem Einzug), obwohl ich diese Schönheit tÀglich mehrfach durchwandere.
Ich habe nur wenige Minuten bis zum Strand zu laufen. Der ist lĂ€nger als auf Eiderstedt, ich könnte stundenlang in eine Richtung wandern. Er ist nicht ganz so breit wie auf Eiderstedt, und seine Sand- QualitĂ€t ist auch nur am South Point richtig paradiesisch, aber wer braucht schon den schönsten Strand der Welt, wenn es dort selten (=Eiderstedt in Schleswig- Holstein) oder niemals (=Denmark in West- Australien) die richtigen Temperaturen dazu gibt, ihn so richtig zu genieĂen.
An diesem Strand steht etwa alle einhundert Meter ein Lifeguard- HolzhĂ€uschen, kĂŒnstlerisch hergerichtet, vielfarbig und motivisch gestrichen, hĂŒbsch auch in seiner Form, und eben alle unterschiedlich. So kann man sich gut merken, wo man sich nieder gelassen hatte, kann nach dem Schwimmen die eigenen Sachen wieder finden, oder weiĂ zu orten, wo man am Vortag einen interessanten GesprĂ€chspartner getroffen hatte.
Hier in South Beach auf dem Eiland Miami Beach (es sei die erste der Keys, der dann bis Key West viele weitere folgen) kommt alles zusammen, das ich brauche: Stabil gutes Wetter, viel Sonne, heiĂe Sonne, hohe Temperaturen, hohe Luftfeuchtigkeit zumindest in etwa fĂŒnf Monaten, und das zumeist angenehm warme Wasser des Atlantiks, das Wassersport zumindest in acht von zwölf Monaten zulĂ€sst. AuĂerdem befinde ich mich eine halbe Stunde entfernt von einem internationalen Flughafen und benötige nicht einmal ein Taxi, um nach South Beach zu gelangen, denn dafĂŒr gibt es den Airport Flyer, ein Linienbus, der fĂŒr USDollar 2,35 auf der Strecke verkehrt.
Das alles ist die Schokoladenseite des Ărtchens Miami Beach.
Das AushÀngeschild eines jeden Landes: Der internationale Airport
Die Einreiseprozedur, eine kleine Airport-Geschichte
Beginnen wir mit der Einreiseprozedur am Miami Airport, die jedes mal ein Ărgernis ist:
In 2012 komme ich mit einem Freund am Miami Airport an. Wir stehen in einer laaaangen Schlange, am Ende auf die Uhr gesehen fĂŒr 2 Âœ Stunden. Ich dachte, ich hĂ€tte einen einigermaĂen freundlich aussehenden Officer fĂŒr uns ausgewĂ€hlt, wird sich das als stimmig heraus stellen?
An etwa 10 Schaltern stehen FluggĂ€ste, meist zu zweit, in einer langen Reihe an. Der Officer im Schalter neben dem von uns gewĂ€hlte herrscht alle paar Minuten FluggĂ€ste an, die seines Erachtens nicht richtig in der Reihe stehen, und alle 5 bis 10 Minuten rast er raus aus seinem Kabuff, herrscht die Leute an, darunter auch kleine Kinder, die bewegungsfreudig, wie die nun einmal sind, nicht stur fĂŒr Stunden in einer Schlange anstehen können. Manch einem droht er, sie ans Ende der Schlange zurĂŒck zu schicken, zweimalig tut er das auch, und einmal ist es eine schon Ă€ltere Dame asiatischen Aussehens. (Ich hasse den Kerl! Muss er seinen persönlichen Frust ausgerechnet an Touristen auslassen? Und dann noch an schutzlosen Ă€lteren Damen?)
Mehrmals pöbelt er FluggÀste an, die ihr Handy benutzen, das wÀre hier verboten.
Und er findet wohl mehr als einmal FluggĂ€ste auf, die ihre Einreisekarte nicht richtig ausgefĂŒllt hĂ€tten (in GroĂbuchstaben nĂ€mlich), schickt sie zurĂŒck an einen Schalter ganz am Ende der 2 Âœ stĂŒndigen Schlange, um sich dort eine neue Karte geben zu lassen (die Armen werden am Ende 5 Stunden in dieser sich kaum bewegenden Schlange gestanden haben. Ob die noch einmal wiederkommen mögen nach Miami?)
Als nĂ€chstes springt der Mann heraus aus seinem Schalter- Verschlag und herrscht einen jungen Mann an, der als nĂ€chstes in seiner Reihe dran wĂ€re. Der nĂ€mlich steht mit seinen Turnschuh- Spitzen auf der gelben Linie, die als Wartepunkt auf dem Steinboden aufgemalt ist. Der verrĂŒckte Kerl schickt den jungen Mann nun in seiner Schlange zurĂŒck, und nimmt die hinter ihm wartende junge Frau mit an den Abfertigungsschalter.
Zwischenzeitlich herrscht derselbe Schalterbeamte einen Fluggast an, der seine Fingerspitzen auf das Pult des Officers gelegt hat, alles in einem extrem militÀrischen, und dazu unfreundlichen Stil.
Ich klĂ€re meinen Freund ĂŒber alles auf, worauf er achten möge.
Nun sind wir beide in unserer Schlange dran. Gemeinsam treten wir vor den Schalter. Ich sage, dass mein Freund nur wenig English spricht, das behagt dem Officer gar nicht. Als erstes herrscht der nun meinen Freund an mit "step back!", und ich erklĂ€re meinem Freund, der nicht weiĂ, worum es geht und was von ihm wohl verlangt wĂŒrde, dass er wohl zu nahe vor dem Pult stand.
Nun stellt der Officer mir eine Frage bezĂŒglich einer Gegebenheit meines Freundes (ich weiĂ nicht mehr, was es war), ich frage meinen Freund dazu auf Deutsch, und der antwortet nun dem Officer in seinem gebrochenen Englisch. Daraufhin wird er zusammen geschissen: "Did I ask y o u ?" Mein Freund versteht nicht, ich auch erst nicht, mein Freund zeigt sein UnverstĂ€ndnis und bekommt ein zweites mal dies "did I ask y o u ?" entgegen geschleudert. Der Mann hat m i r eine Frage bezĂŒglich meines Freundes gestellt, die nur e r (mein Freund) beantworten kann, und nun beschwert er sich darĂŒber, dass mein Freund diese beantwortet hat! Was fĂŒr ein Blödsinn ist das denn?
Die ganze Prozedur mit FingerabdrĂŒcke- nehmen und Passbild schieĂen lĂ€uft als nĂ€chstes ab, in ĂŒberaus harschen Tonfall natĂŒrlich. Dann folgt noch die Frage an meinem Freund, warum er neunzig Tage bleiben will, ich antworte, dass wir mit Freunden auf eine Wohnmobil-Tour gehen, die WestkĂŒste rauf nach Kanada, und die OstkĂŒâŠ Er unterbricht mich, herrscht zurĂŒck: "w h y ninety days!" meine Antwort, dass er lĂ€nger nicht bleiben dĂŒrfe, befriedigt den Officer ebenso wenig, und ich bekomme ein noch harscheres "w h y ninety days!" entgegen geschleudert. Ich bin am ĂŒberlegen, was der Mann in seinem Wahn wohl hören will, und mir fĂ€llt nichts ein. Also sage ich "because the motorhome tour is planned for several month?" Er fragt nicht weiter nach. Nun bin ich dran: Wie lange ich bleiben wolle. Ich sage "I don't know yet exactely, but around four month". "Why four month?" Nun habe ich ja gelernt und sage: "Because our friends motorhome tour is planned for several month?" Schlussendlich klatscht der Beamte seine Stempel in unsere PĂ€sse und verbannt uns mit einer wischt-weg-Handbewegung aus seinem Einzugsbereich.
Liebe Leser: Habt ihr euch das unter USAmerika vorgestellt? Da sind wir doch etwas Besseres gewöhnt, nicht war? Wir wĂŒrden nach dem Vorgesetzten fragen, wir wĂŒrden uns offiziell ĂŒber solches Verhalten beschweren, Beamte wie diese wĂŒrden vermutlich (ich hoffe sogar auf 'höchstwahrscheinlich') aus dem Verkehr gezogen. Aber hier? Hier wĂŒrden wir, die Beschwerenden, ĂŒber Stunden festgehalten, auseinander genommen, oder auch einfach ausgewiesen. Ich bin mir an manchen Stellen nicht sicher darĂŒber, ob USAmerika tatsĂ€chlich ein demokratisches System nach westlichem Vorbild ist.
Nur zwei der vielen kleinen weiteren Airport-Geschichten
Im Airport habe ich Internet Zeit gebucht, bekomme aber keine Verbindung: Der Airport Server könne keine Verbindung zu yahoo herstellen, heiĂt es da.
Au weia! Ich sitze in der Abflughalle an der riesigen Fensterfront, sehe auf das Rollfeld und staune darĂŒber, dass etwa 100 Seiten DIN A 4 Papiere ĂŒber das Airport-Feld in Richtung der Startbahnen wehen. Und niemand scheint Notiz davon zu nehmen, es sind keinerlei Aktionen zu erkennen. WĂ€re auf dem Airport meiner Heimatstadt in solch einem Fall nicht die Hölle los? Und:
Entspricht das einem internationalen Airport in der I. Welt?
Was dem neu ankommenden Besucher in Miami Beach zuerst ins Auge fÀllt
Allgemein ist hier in South Beach absonderliches Aussehen ein Normalfall:
Irokesen und weiĂblond gefĂ€rbte Afro- Amerikaner, auch mĂ€nnliche, jede Menge TĂ€towierte mit jeder Menge Tatoos, und auch voll- TĂ€tovierte, MĂ€nner mit Nasenringen, völlig Nackte, die auf einer HauptverkehrsstraĂe herum spazieren, alte MĂ€nner mit schwarzledernen SĂ€ckchen- Halter an HosentrĂ€gern, jede Menge Soziopathen auf den StraĂen, in GeschĂ€ften und Bussen, und eine Unmenge unglaublich ungepflegter Gestalten.
Frauen auf enorm hohen high heels, 20 Zentimeter sind keine Seltenheit, das ist hier ein bevorzugt vorzufindender Schuh, und nicht etwa nur am Abend, sondern beginnend am Vormittag. WÀhrend der bei uns den Damen des Gewerbes und FestivitÀten wie Sylvester vorbehalten sind, tun sich unglaublich viele "Damen" diesen Schuh hier an.
Ebenso auffÀllig: Der Kleidungsstil. Unendlich viel Körperfett wird in unglaublich kurze enge Miniröcke und Shorts gezwÀngt, unglaublich fettige Oberweiten in die engsten, und dazu weit ausgeschnittenen Shirts gesteckt, wobei die dicke Bauchrolle herausdrÀngt und frei gelegt daher- geschwabbelt kommt. Das ist schon auffÀllig, aber auch immer wieder sehr zum Lachen.
Und am Strand sieht man Ărsche, so dick und so faltig wie bei ElefantenkĂŒhen, in den kleinsten Bikinis stecken.
(Warum gibt es das in unserem Land nicht zu sehen? Worin besteht der Unterschied? In unseren LĂ€ndern ist dies zivilisatorisch ĂŒberformt. Die Menschen haben sich durch Erziehung und durch das Aufwachsen in einer Gesellschaft unter deren sozialer Kontrolle dahin entwickelt, ĂŒbermĂ€Ăige Fettrollen, Cellulite und figĂŒrliche oder sonstige Unschönheiten (HĂ€sslichkeiten) unter ĂŒberspielenden KleidungsstĂŒcken zu belassen, am Strand mit einem genĂŒgend groĂen Einteiler zu bedecken. Unschöne Körperstellen werden nicht trotzig- groĂkotzig dem Mitmenschen ins Gesicht gestreckt, sondern eher doch kultiviert- schamhaft bedeckt.)
Jeder Einzelne scheint hier irgendwie auffallen zu wollen, und wenn es auch noch so lÀcherlich ausschaut.
Auf der Washington Avenue kommt mir ein Mann mit einem Lampenschirm auf dem Kopf entgegen, den er als Sonnenhut nutzt. Er lÀchelt nicht etwa um anzuzeigen, dass er sich einen Scherz erlaubt, oder gerade einen Sonnenschutz brauchte und keinen zur Hand hatte.
Urig aussehende Typen komplementieren das Bild, wie jener Mann mit Vollglatze, die gĂ€nzlich tĂ€towiert ist, dazu trĂ€gt er Goldohrringe, eine schwarze Augenklappe und einen groĂen Ring durch die Nase. Er trĂ€gt ein T-shirt, das nicht ĂŒber den tĂ€towierten Kugelbauch passt (ich muss immer wieder lĂ€cheln, denn unweigerlich kommt mir das Bild von einem am Nasenring gefĂŒhrten Bullen in den Sinn. Das ist natĂŒrlich gemein von mir).
Und auch der nicht mehr ganz so junge Mann in Netzstrumpfhosen mit kurzem Shorts oder Minirock, dazu grobe MĂ€nnerschuhe tragend, die schwarzen langen Haare zum Pferdeschwanz gebunden, mit Bart und ein Base Cap tragend, und immer mit rotem Lippenstift und Augen-Make-up zu sichten, gehört dazu Dann kann man aber auch eine(n) afro- Amerikaner(in) am Strand beobachten: Lange Lockenhaare, nur einen Tanga-Bikini- Slip tragend, den aber in goldfarben, groĂe Silicon- BrĂŒste ohne Oberteil, ĂŒbergroĂe Sonnenbrille, grellroter Lippenstift, kokett tanzend, mit Bart und offensichtlich mĂ€nnlich.
Ansonsten gibt es lila, grĂŒn und rosa gefĂ€rbte Haare bei Mann und Frau, und hĂ€ufig auch weiĂblonde mĂ€nnliche und weibliche afro-Amerikaner zu sehen.
Auffallend auch die Menge der Wohnungslosen und Bettler (an vielen Stellen besetzen sie die BĂ€nke an den Bushaltestellen, sodass dort nie Platz fĂŒr wartende Busreisende ist), ziemlich abgerissen und nicht selten angetrunken auch schon am Tage, so wie die Masse der herunter gekommenen Gestalten, und ĂŒberaus ungepflegten alten Menschen, die offensichtlich noch irgendwo ein Zuhause haben, aber von dem Verschmutzungsgrad der Kleidung, der Ungepflegtheit ihrer Haut und ihrer Haare, so wie dem Geruch, den sie versprĂŒhen, nicht in unsere Vorstellungswelt passen.
Ebenso auffallend: Ich habe in meiner Heimatstadt Hamburg, einer GroĂstadt auf Weltniveau, aber auch an keinem anderen der von mir fĂŒr kurz oder lĂ€nger bewohnte Orte und GroĂstĂ€dte je so viele Fes...