Eure Liebe
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Eure Liebe

Haltung, Methoden und Interventionen für die Paartherapie

Sylke Richter

  1. 238 pages
  2. German
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Eure Liebe

Haltung, Methoden und Interventionen für die Paartherapie

Sylke Richter

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Die Arbeit mit Paaren gehört zu den anstrengendsten Aufgaben in der therapeutischen Praxis. Nicht nur angehende Therapeuten brauchen hier Unterstützung und gute Orientierungshilfen. Wichtig ist vor allem, Abstand zu bewahren, um während des gesamten therapeutischen Prozesses den Überblick zu behalten, alle Bedürfnisse zu sehen und gemeinsam mit dem Paar auf die Beziehung zu schauen: Was ist gut und kann so bleiben? Was muss überprüft, neu sortiert oder umgestaltet werden?Sylke Richters praxisorientiertes Buch bietet eine Vielzahl von paradigmatischen Beispielen und Impulsen aus der systemischen Arbeit mit Paaren. Die Autorin lässt einen direkt an den Reflexionen der Paartherapeutin teilhaben und vermittelt so auf eingängige Weise das komplexe Herangehen im Therapiesetting. Sie folgt dabei dem roten Faden einer Therapiestunde – Auftragsklärung, Vertiefung, Abschluss und Aufgaben – und bietet praktische Methoden an, die in der eigenen Praxis sofort umgesetzt werden können.

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Information

Year
2023
ISBN
9783849782627
Edition
2
Teil II: Vertiefung

12Stärker als Erklärungen – Metaphern

Es gibt Therapeuten, die lieben das Arbeiten mit Metaphern und Bildern, andere können nichts damit anfangen. Da Bilder besser und vor allem länger im Gedächtnis haften bleiben als abstrakte Gedanken oder einzelne Sätze, lohnt es sich, Metaphern einzuführen. Zu testen, ob die Paare damit etwas anfangen können. Manche springen sofort auf die Bildersprache an und andere schauen bei dem Vorschlag, als hätten sie aus Versehen in eine Essiggurke gebissen statt in den erwarteten Keks. Und eine dritte Gruppe versucht, dem Therapeuten zuliebe, es mal zu probieren und findet dann nach und nach Geschmack an der Sache.
»Nur mal angenommen, eure Liebe, eure Beziehung wäre ein Bild, ein Sinnbild, ein Filmtitel … was würdet ihr mir erzählen? Wie sähe das Bild momentan aus?«
Manche sprudeln sofort los:
(aus der Natur) Ein Ozean mit großen Wellen. Ein schöner Garten mit einer Fallgrube. Ein renoviertes Haus mit verschlossenen Türen.
(Film-, Buchtitel) Das Glück wohnt auf der anderen Seite. Nicht ohne meine Mutter. Einer flog über das Kuckucksnest.
Wenn sich das Paar bemüht, aber nichts Adäquates findet, kann man es mit einer Vorlage versuchen: »Angenommen, eure Liebe wäre eine Topfpflanze (ein Möbelstück, ein Fahrzeug oder Ähnliches …) und würde hier zwischen euch stehen. Wie geht es der Pflanze momentan?« Mit einer Topfpflanze können in der Regel alle etwas anfangen und es kommen Antworten wie: »Auf meiner Seite blüht die Pflanze, auf der anderen Seite ist sie schon ganz schön vertrocknet.« Oder: »Es ist ein Kaktus, der überlebt alles.« »Es ist keine Topfpflanze, es ist eine Kübelpflanze, die zu lange im Winterquartier war.« Wunderbare Bilder, mit denen es sich gut weiterarbeiten lässt.
Konkrete Fragen:
»Was muss passieren, damit die Pflanze ganz sicher stirbt?«
»Soll sie in Ruhe gelassen werden?«
»Was braucht sie?«
»Wer kümmert sich ab heute? Wie?«
Hier noch ein paar andere Beispiele von Bildern und Metaphern aus der Paartherapie-Praxis und daran anknüpfende Fragen. »Unsere Beziehung ist aktuell wie:
eine leuchtend-strahlende Kugel mit einem schützenden Film drumherum, der Film hat momentan leider ein Leck [Jan, 34 Jahre].« (»Was ist sichtbar um das Leck herum? Wovor schützt der Film?«, »Wonach sehnt sich die Kugel?«)
ein ausgewachsener, verschlungener Baum mit neuen zarten Trieben [Johannes, 45 Jahre].« (»Wohin streben die neuen Triebe? Was will gelebt werden?«)
wertvolles Silberbesteck, was zu oft im Geschirrspüler war, jetzt ist es leider angelaufen [Ricarda, 39 Jahre].« (»Heißt das, das Silberbesteck muss jetzt einzeln gesichtet und poliert werden? Einzeln berührt werden? Wie wäre das?«)
ein alter dreckiger Pick-up [Vanessa, 33 Jahre].« (»Ist das denn guter Dreck? Schützt der?«, »Soll er weg oder besser dranbleiben?«, »Wohin geht die Reise des Pick-ups?«)
ein schwankender Leuchtturm [Karla, 48 Jahre].« (»Ist der Leuchtturm kurz vor dem Umkippen? Soll er stabilisiert werden? Wenn ja, womit?«)
ein Bach mit zu vielen Wasserläufen [Christian, 52 Jahre].« (»Was ist zu viel daran?«, »Wovon mehr, wovon weniger?«)
ein Himmel, der immer da ist, aber momentan ist es leider stark bewölkt [Sarah, 48 Jahre].« (»Sind es bedrohliche Wolken? Was bringen sie mit? Was bedecken sie?«)
ein dreiköpfiges Chaoswesen [Lisa, 32 Jahre].« (»Zu viele Köpfe oder zu viel Chaos?«, »Wie ist die Seele von diesem Wesen?«, »Wonach sehnt es sich?«)
ein Buch mit kuschligen Außenseiten, doch es gibt noch sehr viele leere Seiten [Ulrike, 37 Jahre].« (»Welches Kapitel ist dran? Welche Seite soll mit Inhalt gefüllt werden?«, »Kennst du schon das Ende vom Buch?«)
Wenn klar ist, dass das Paar überhaupt nicht darauf anspringt, ist es eine unpassende Intervention, das falsche Therapeuten-Werkzeug. Und bevor sich alle Beteiligten weiter durch die Bilder quälen, lassen wir lieber das Werkzeug fallen und suchen andere Wege, ins Gespräch zu kommen.
Toni: Ich liebe das ja mit den Metaphern, scheue mich aber immer ein bisschen, damit zu arbeiten, weil ich denke, mir fällt keine passende weiterführende Frage ein. Wir haben möglicherweise ein Bild aus unseren Hirnen gequetscht, schlimmstenfalls sogar zwei, und dann weiß ich nicht weiter. Das wäre ja peinlich. Waren deine Beispiele von einer Person oder dem Paar gemeinsam?
Das waren Einzelantworten, die die jeweiligen Partner mitgehört haben. Zunächst sucht immer jeder sein ganz eigenes Bild. Das heißt, du lädst wieder zur Unterschiedlichkeit ein, um anschließend nach dem Verbindenden zu suchen. Wenn dir keine originellen Fragen einfallen, dann gib die Aufgabe ruhig an das Paar zurück.

Fallvignette

Eva und Caro, beide Frauen in ihren Vierzigern, haben stimmige Bilder zu ihrer aktuellen Beziehungssituation gefunden: Auf der einen Seite gibt es das Bild von einem kühlen Bergsee und auf der anderen Seite das eines brodelnden Vulkans.
Du könntest also die Frage nach dem, was die beiden Bilder verbindet, was sie miteinander zu tun haben, direkt an das Paar weiterleiten. (Denn das ist die Suche: einerseits das Trennende, andererseits das Verbindende und die Suche nach einer Brücke.) Du könntest fragen: »Was wollen die beiden unterschiedlichen Naturphänomene voneinander? Gibt es etwas, was sie verbinden könnte?« Und dann warte ab, was sie erzählen werden.
Bei dem Beispiel sagte Eva, dass sie gerne alles ausspucken würde, was in ihr brodelt, und dass die Lava sich dann liebend gern im kühlen Bergsee beruhigen könnte. Aber Caro hätte leider so viel Abwehr und Angst vor ihrer Hitze. Weil Eva Caros Angst spürt, hält sie sich zurück, was alles noch schlimmer macht. Sie könne nicht immer so rational und nüchtern diskutieren wie ihre Freundin.
Übrigens, jedes Mal, wenn du merkst, dass eine von beiden dir zu viel erzählt, unterbrich sie und bitte die beiden, sich anzuschauen: Sag es ihr!
Das klingt dann sofort anders: »Caro, hab keine Angst vor meiner Hitze. Da ist mehr Schein als Sein. Vielleicht dürfen einige meiner zu heißen Lavabrocken in deinen kalten See fallen, dann würde sich der See endlich mal ein bisschen erwärmen.« Caro: »Aber nicht zu viele Brocken, es soll schließlich kein pupswarmes Mittelmeer aus meinem schönen Bergsee werden.«
Dann haben sie gelacht und zusammen überlegt, wie das im Alltag aussehen könnte. Welche Brocken dürfen »noch heiß« auf den Beziehungstisch und welche Brocken sollen lieber etwas abkühlen, ehe sie zur Sprache kommen.
Toni: Und lässt du die Paare manchmal ein gemeinsames Bild finden, so als Übung?
Das geht meist ganz gut. Sinn der Metaphern ist ja, über die Bilder ins Gespräch zu kommen. Du könntest auch thematisch etwas vorgeben. Für manche ist das leichter. »Schließt für einen Moment die Augen und stellt euch eine Landschaft vor, in der es Bäume oder Sträucher gibt. Wenn ihr zwei Baume wärt, wo würdet ihr stehen? Wie dicht beieinander? Wie weit entfernt? Wie dick ist der Stamm, die Krone, die Wurzeln …?« Du imaginierst mit ihnen diese gemeinsame Landschaft und anschließend reden beide darüber.
Ich erinnere mich an ein Paar, da hatte die Frau von zwei gleich großen, starken Bäumen gesprochen, die im Wurzelbereich miteinander verwoben waren, ausladende Kronen hatten und in gutem Abstand nebeneinanderstanden.
Ihr Mann hatte einen großen starken Baum vor Augen und unter der mächtigen Krone des Baumes wuchs in seinem Schutz ein kleinerer, sehr hübscher Baum heran.
Da hatten die beiden dann ein Thema, oder?
Er hatte scheinbar einen ihrer Entwicklungsschritte verpasst. So, wie es in seinem Bild aussah, hatten sie sich kennengelernt. Sie bewunderte ihn, er beschützte sie. Das war ihr Anfangskontrakt. Aber inzwischen bewunderte sie ihn weniger und brauchte auch weniger Schutz. In dieser Phase kamen sie in die Beratung. Manchmal rappelt es gewaltig, wenn das Leben einen Gang höher schaltet.
Aber am Ende sollte doch bei aller Bildersprache immer etwas Alltagstaugliches herauskommen, oder?
Ich mag es sehr, wenn am Ende etwas herauskommt, was das Paar ganz konkret und praktisch probieren kann. Manche Therapeuten lassen die Bilder so stehen und vertrauen auf die Kraft ihrer Entfaltung. Das geht natürlich auch.
Bei dem eben genannten Paar ging es darum, beide in ihre neuen Rollen zu begleiten. Er musste lernen, seinen Beschützerblick öfter mal beiseitezuschieben und zu schauen, wer seine Frau noch ist. Wer sie inzwischen geworden ist.
Sie wollte weniger aggressiv und ablehnend sein, wenn er es doch vergessen sollte und sie aus alter Gewohnheit wieder beschützen wollte. Ihre Idee war, ihren Mann spontan zu küssen, wenn er ihr auf Augenhöhe begegnete.
Coole Idee von ihr. Positive Verstärkung!
Ja, ihre Wut und Ablehnung hat die beiden nicht weitergebracht, sondern Unverständnis und Distanz gefördert.
Bei der Arbeit mit Bildern und Metaphern geht es neben dem Wunsch, spielerisch ins Gespräch zu kommen, auch darum, ein neues Etwas in das Blickfeld des Paares zu rücken. Etwas, worauf sie schauen können. Etwas, was gepflegt, repariert oder beschützt werden muss: ihre Beziehung.

13Externalisieren

Externalisieren bedeutet schlicht, etwas nach außen zu verlagern. Auch bei Paaren kann man sehr gut mit diesem systemischen Werkzeug, dem Externalisieren, arbeiten. Alles Mögliche kann nach außen verlagert werden: die Beziehung, die Umstände, die Sexualität, der Stress, die Schwere und vieles andere mehr. Externalisieren ist ein wunderbarer Vorwurfsunterbrecher, da sich der Fokus sofort weg vom »Du bist launisch!«, »Du hast mich betrogen!«, »Du bist immer so kalt!« hin zu »der Beziehung«, »der Wut«, »dem Stress« verlagert. Hier zwei kleine Beispiele.

Die »Beziehung« externalisieren

Fallvignette

Herr und Frau F. sind seit 17 Jahren verheiratet, beide arbeiten in einer Arztpraxis, die Herr F. aufgebaut hat und leitet. Streitpunkt ist eine Kollegin. Frau F. unterstellt ihrem Mann, eine Außenbeziehung mit ihr zu haben. Innerhalb kürzester Zeit schreien sie sich mit dem immer gleichen Wortlaut an. Sie: »Du betrügst mich! Ich weiß es!« Er: »Nein, verdammt noch mal!« Beide versuchen mich von ihrer Sicht der Dinge zu überzeugen, wenden sich an mich mit den Worten: »Wissen Sie, es ist so …« Aufgrund der Lautstärke zucke ich kurz zusammen. »Machen Sie sich keine Sorgen, sie ist Sizilianerin, bei uns ist es immer so laut«, sagt der Mann zu mir. Ehrlich gesagt, beruhigt mich das etwas und i...

Table of contents

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort
  6. Einleitung
  7. Teil I: Der Beginn
  8. Teil II: Vertiefung
  9. Teil III: Der Abschluss
  10. Fazit
  11. Über die Liebe – ein Nachwort
  12. Dank
  13. Literatur
  14. Über die Autorin
Citation styles for Eure Liebe

APA 6 Citation

Richter, S. (2021). Eure Liebe (1st ed.). Carl-Auer Verlag. Retrieved from https://www.perlego.com/book/2738466/eure-liebe-haltung-methoden-und-interventionen-fr-die-paartherapie-pdf (Original work published 2021)

Chicago Citation

Richter, Sylke. (2021) 2021. Eure Liebe. 1st ed. Carl-Auer Verlag. https://www.perlego.com/book/2738466/eure-liebe-haltung-methoden-und-interventionen-fr-die-paartherapie-pdf.

Harvard Citation

Richter, S. (2021) Eure Liebe. 1st edn. Carl-Auer Verlag. Available at: https://www.perlego.com/book/2738466/eure-liebe-haltung-methoden-und-interventionen-fr-die-paartherapie-pdf (Accessed: 15 October 2022).

MLA 7 Citation

Richter, Sylke. Eure Liebe. 1st ed. Carl-Auer Verlag, 2021. Web. 15 Oct. 2022.